Im Blickpunkt

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Abbildung 24

Das LAG Baden-Württemberg führte in einer jüngst veröffentlichten bemerkenswerten Entscheidung vom 27.1.2023 – 12 Sa 56/21 – zu einem Sachvortragsverwertungsverbot im Kündigungsschutzprozess aus. Danach darf bei einer erlaubten Privatnutzung eines dienstlichen E-Mail-Accounts eine verdachtsunabhängige Überprüfung durch den Arbeitgeber grundsätzlich nicht verdeckt erfolgen. Es ist dem Arbeitnehmer vielmehr anzukündigen, dass und aus welchem Grund eine Verarbeitung von E-Mails stattfinden soll. Es muss ihm die Gelegenheit gegeben werden, private Nachrichten in einem gesonderten Ordner zu speichern, auf den kein Zugriff erfolgt. Wird einem Arbeitnehmer ein Smartphone als umfassendes Kommunikations- und Organisationsgerät überlassen und erfolgt mit Blick auf bestimmte Kommunikationsformen (WhatsApp; SMS; Telefon) ausdrücklich eine einvernehmliche Mischnutzung, darf der Arbeitnehmer annehmen, dass sich die Erlaubnis auch auf andere Kommunikationsformen (E-Mail) bezieht. Das LAG bestätigte – unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BAG etwa vom 27.7.2017 – 2 AZR 681/16 und vom 23.8.2018 – 2 AZR 133/18 – die erstinstanzliche Entscheidung. Der Kläger berufe sich in dem vorliegenden Kündigungsschutzprozess zu Recht auf ein umfassendes Sachvortragsverwertungsverbot nach Art. 1, 2 Abs. 1 GG i. V. m. § 26 BDSG. Fraglich war, ob die Verwertung von heimlich beschafften persönlichen Daten und Erkenntnissen, die sich aus diesen Daten ergeben, mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Betroffenen vereinbar ist. War die Maßnahme nach den Bestimmungen des BDSG nicht erlaubt, folgt hieraus regelmäßig ein Verbot der Verwertung der unzulässig beschafften Daten und Erkenntnisse. Vorliegend besteht ein umfassendes Verwertungsverbot bezüglich der E-Mails und WhatsApp-Nachrichten. Insoweit komme es auch nicht darauf an, ob die Privatnutzung dienstlicher Kommunikationsmittel erlaubt war oder nicht. Auch bei einem Verbot der Privatnutzung muss eine Verarbeitung nach der vom Gericht zugrunde gelegten Auffassung den Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 BDSG entsprechen. Dem Kläger stehe aufgrund der Nichtbeachtung überdies eine Entschädigung gemäß Art. 82 Abs. 1 DS-GVO zu.

Prof. Dr. Christian Pelke, Ressortleiter Arbeitsrecht

BB 2023, 1715