Im Blickpunkt
Das BVerfG hat in seiner Jahresvorausschau einen Überblick über die im Jahre 2025 zu erwartenden Entscheidungen gegeben, die voraussichtlich entschieden werden sollen. Von erheblicher praktischer Relevanz ist das Verfahren unter dem Az. 1 BvR 84/22, bei dem es um die Frage geht, ob die erbschaft- und schenkungsteuerlichen Begünstigungen beim Übergang betrieblichen Vermögens gemäß §§ 13a, 13b, 13c, 19, 19a, 28a des ErbStG 2016 und § 203 des BewG mit dem Grundgesetz (GG) vereinbar sind oder ob sie Erwerberinnen und Erwerber, für die die genannten Normen keine Anwendung finden, in verfassungsrechtlich zu beanstandender Weise benachteiligen. Nicht nur in praktischer Hinsicht, sondern auch unter rechtlich dogmatischen Gesichtspunkten darf mit Spannung auf die zwei Entscheidungen zum sog. “Treaty Override” gewartet werden (2 BvL 15/14 und 2 BvL 21/14) jeweils auf Vorlage des BFH. Konkret geht es darum, ob § 50d Abs. 10 S. 1 EStG 2002 i. d. F. des Jahressteuergesetzes 2009 beziehungsweise des Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetzes jeweils einen gegen Art. 20 Abs. 3 und Art. 25 GG verstoßenden “Treaty Override” darstellt, und ob § 52 Abs. 59a S. 8 des EStG 2002 i. d. F. des Jahressteuergesetzes 2009 (nunmehr § 52 Abs. 59a S. 11 EStG 2002 in der Fassung des Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetzes) und § 52 Abs. 59a S. 10 des EStG 2009 in der Fassung des Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetzes wegen Verstoßes gegen das Rückwirkungsverbot (Art. 20 Abs. 3 GG) verfassungswidrig sind. Auch der Aussetzungs- und Vorlagebeschluss des FG Hamburg zu § 8c S. 2 KStG i. d. F. des Unternehmenssteuerreformgesetzes 2008 vom 14.8.2007 (BGBl. I, 1912) steht zur Entscheidung an. Im Streitfall geht es um die Vereinbarkeit mit Art. 3 Abs. 1 GG insoweit, als bei der unmittelbaren Übertragung innerhalb von fünf Jahren von mehr als 50 % des gezeichneten Kapitals an einer Körperschaft an einen Erwerber die bis zum schädlichen Beteiligungserwerb nicht genutzten Verluste vollständig nicht mehr abziehbar sind. Ein spannendes Jahr!
Prof. Dr. Michael Stahlschmidt, Ressortleiter Steuerrecht