Im Blickpunkt

Im Blickpunkt

Abbildung 5

Die Absurdität der Umsatzsteuersätze wurde bereits an dieser Stelle (Blickpunkt BB 1/2 2020) am Beispiel des Weihnachtsbaumes thematisiert. Wer aber schon immer mal wissen wollte, wann und warum der ermäßigte Steuersatz für “lebende Tiere” eingeführt wurde, sollte sich die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Stefan Schmidt, Katharina Beck, Dr. Moritz Heuberger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drs. 21/2687, einmal näher ansehen. Es ist zu erfahren, dass der ermäßigte Steuersatz für lebende Pferde, Maultiere, Maulesel, Hausrinder, Hausschweine, Hausschafe, Hausziegen, Hausgeflügel, Hauskaninchen, Haustauben und Bienen (entsprechend dem damals geltenden Kapitel 1 des Zolltarifs) mit dem Mehrwertsteuergesetz vom 29.5.1967 (BGBl. I 1967, 545) eingeführt wurde. Zu den Motiven der Einführung liegen der Bundesregierung keine Erwägungen des historischen Gesetzgebers vor. Mit dem Gesetz zur Änderung des Gemeindefinanzreformgesetzes und von steuerlichen Vorschriften vom 11.5.2012 (BGBl. I 2012, 1030) wurden übrigens “Pferde, einschließlich reinrassiger Zuchttiere, ausgenommen Wildpferde”, aus der Liste der dem ermäßigten Steuersatz unterliegenden Gegenstände herausgenommen. In diesem Stile befasst sich die Kleine Anfrage mit zahlreichen Gegenständen, die dem ermäßigten Steuersatz unterliegen, bei denen die Motive zur Bestimmung der Gegenstände, die diesem Begriff unterliegen, wenn überhaupt, nur erahnt werden können. Feststeht, dass die Umsatzsteuer ein zentraler Baustein der Finanzierung des Staates ist und einen erheblichen Teil des Gesamtsteueraufkommens ausmacht. Im Jahr 2024 immerhin 302,1 Mrd. Euro. Nach Berechnungen des Bundesrechnungshofes belaufen sich die Mindereinnahmen aufgrund des ermäßigten Steuersatzes auf ca. 35 Mrd. Euro. Durch die geplante Änderung des Steuersatzes für Speisen in der Gastronomie wird sich dieser Betrag noch einmal erhöhen. Dies ist Wasser auf die Mühlen derer, die auf der Suche nach der Steigerung der Einnahmen für den Staat unterwegs sind.

Prof. Dr. Michael Stahlschmidt, Ressortleiter Steuerrecht

BB 2025, 2901