Die Besteuerung von Kryptowerten
Besteuerung von Kryptowerten – Erfolg fraglich?
Die Bundesregierung hat den Gesetzentwurf zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2023/2226 (DAC 8) unter der Drs. 21/1937 in das Gesetzgebungsverfahren gebracht. Ziel ist, die Einkünfte aus Kryptowerten einer geregelten Besteuerung zuzuführen. Dies sei wegen des dezentralen Charakters von Kryptowerten eine Herausforderung für die Finanzbehörden. Nur mit großem Aufwand könnten Informationen von ausländischen Anbietern von Krypto-Dienstleistungen erlangt werden. Mit dem Gesetz soll den Finanzbehörden ein besserer Zugang zu Informationen gewährt werden, die für die Besteuerung, insbesondere von Einkünften aus Kryptowerten, erforderlich sein können. Dadurch werde zugleich für mehr Steuergerechtigkeit gesorgt. Darüber hinaus soll die effiziente Zusammenarbeit der Finanzbehörden der Mitgliedstaaten der Europäischen Union im Bereich der direkten Steuern insgesamt verbessert werden. Erreicht werden sollen diese Ziele durch die Einführung von Meldepflichten für Transaktionen mit Kryptowerten sowie die Änderung von bereits bestehenden Meldepflichten in Bezug auf Finanzkonten. Der zwischenstaatliche Austausch von Informationen zwischen den Staaten, die an diesem Austausch teilnehmen, soll diese Regelungen ergänzen. So sollen die Finanzbehörden in die Lage versetzt werden, Sachverhalte mit Auslandsbezug wirksamer zu ermitteln und ausgetauschte Informationen effizienter zu nutzen. Durch das Gesetz werden keine neuen Besteuerungstatbestände eingeführt, sondern ausschließlich verfahrensrechtliche Regelungen. Die Frage, ob Transaktionen steuerpflichtig sind oder nicht, richtet sich nach den bestehenden steuerlichen Regelungen.
Die öffentliche Anhörung zu diesem Gesetz hat stattgefunden. Auf Vorschlag der CDU/CSU-Fraktion war das Institut für Digitalisierung im Steuerrecht, vertreten durch Matthias Steger, geladen. In dessen schriftlicher Stellungnahme findet sich: “Der Regulierungsentwurf trifft kleine Unternehmen besonders hart, weil keine Ausnahmen, Bagatellgrenzen oder Sandbox-Ansätze vorgesehen sind.” Für Großbanken und Start-ups seien einheitliche Meldepflichten vorgesehen “ohne Rücksicht auf deren Ressourcen und Risikoprofil”.
Die SPD-Fraktion lud Florian Köbler von der Deutschen Steuergewerkschaft (DSTG). Dieser verweist in seiner schriftlichen Stellungnahme vor allem auf die Millionen, die in Deutschland als Steuerausfall durch die Nichtbesteuerung von Kryptowerten verloren gingen. Dreistellige Millionenbeträge sollen es sein. Seiner Ansicht nach markiert das vorliegende Gesetz einen Paradigmenwechsel in “der steuerlichen Erfassung von Kryptowerten und anderen digitalen Finanzprodukten”, so in seiner schriftlichen Stellungnahme. Zur Bekämpfung der grenzüberschreitenden Steuerhinterziehung sei die internationale Koordination durch das Rahmenwerk der Industrieländerorganisation OECD zu Berichtspflichten bei Krypto-Werten (Crypto-Asset Reporting Framework, CARF) “ein wichtiger und längst überfälliger Schritt. Mindestens 500 zusätzliche Stellen in spezialisierten Einheiten seien notwendig, um diese Aufgaben zu erfüllen. Darüber hinaus müsse die IT mit einem mittleren zweistelligen Millionenbetrag ertüchtigt werden. Zudem müsse die Ausbildung von mindestens 2 000 Mitarbeitern zu Kryptowerte-Spezialisten geleistet werden.”
Wesentlich verhaltener klang der Ökonomie-Professor am Skidmore College in New York, Jörg Bibow, der von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen als Sachverständiger vorgeschlagen war. Er sieht das Gesetz als “absolut erforderlich” an, mahnt aber zugleich, dass sich das Problem des mangelhaften Steuervollzugs bei Kryptowerten nur durch eine internationale Kooperation lösen ließe. Über 100 Länder nähmen am OECD-Rahmenwerk zur Besteuerung von Kryptowerten nicht teil. Damit gebe es übergroße Möglichkeiten außerhalb der OECD-Länder, diese Geschäfte zu machen. Daran ändere auch das Lob an der Teilnahme von 67 OECD-Ländern nichts.
Einen ganz anderen Weg schlug Co-Pierre Georg, Professor an der Frankfurt School of Finance & Management ein, der auf Vorschlag der Fraktion Die Linke geladen war. Vor allem die Jahresfrist bei der Besteuerung von Kryptowerten war ihm ein Dorn im Auge. Diese Steuerfreiheit sei “nicht mehr zeitgemäß”. Damit nehme Deutschland mittlerweile eine absolute Sonderrolle in der EU ein. Er beziffert die realisierten Kryptogewinne in Deutschland allein für das Jahr 2024 auf insgesamt “47,4 Milliarden Euro”. Die Zahl der Kryptonutzer werde von dem Kryptosteuersoftware-Anbieter Blockpit immerhin auf 7 Mio. geschätzt.
Erwähnenswert in diesem Zusammenhang ist die Antwort der Bundesregierung (Drs. 21/1707) auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Isabelle Vandre, Janine Wissler, Doris Achelwilm, weiterer Abgeordneter und der Fraktion Die Linke (Drs. 21/145). In dieser führt die Bundesregierung aus, dass über die Steuereinnahmen aus der Besteuerung von Geschäften mit Kryptowerten keinerlei Informationen vorliegen. Auch der Jahresumsatz aller in Deutschland lizenzierten und/oder ansässigen Kryptobörsen liegt nicht vor. Ebenso gibt es keine Daten zu etwaigen Handelsvolumina. Insgesamt eine Antwort, die offenlegt, wie wenig über das wirtschaftliche Geschehen in diesem Bereich bekannt ist.
Die Anhörung zeigt aber deutlich, wie unterschiedlich die steuerpolitischen Vorstellungen der Bundestagsfraktionen, aber auch innerhalb der Koalitionsfraktionen sind. Ob es ratsam ist, im Rahmen der Steuerpolitik bei jedweder Gelegenheit Gerechtigkeitsaspekte und Steuerhinterziehung zu bemühen, sei dahingestellt. Bleibt zu hoffen, dass dieses Gesetz nicht dasselbe Schicksal ereilt wie die Meldepflicht von internationalen Steuergestaltungen, welche bekanntermaßen nur einen fraglichen und dürftigen Nutzen vorweisen kann.
Prof. Dr. iur. Michael
Stahlschmidt
lehrt an der FHDW Paderborn Steuerrecht, Rechnungswesen, Controlling und Compliance und ist Ressortleiter Steuerrecht des Betriebs-Berater und Chefredakteur Der SteuerBerater.
Stahlschmidt, BB 2025, Heft 44, Umschlagteil, I
