Im Blickpunkt

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Abbildung 8

Das Solidaritätszuschlaggesetz 1995 (SolZG 1995) in der Fassung des Gesetzes zur Rückführung des Solidaritätszuschlags 1995 vom 10.12.2019 ist verfassungsgemäß, so der 2. Senat des BVerfG mit Urteil vom 26.3.2025 – 2 BvR 1505/20. Aufgrund der mündlichen Verhandlung kamen erste Zweifel an der Einschätzung als verfassungswidrig auf. Dennoch ist die Begründung in ihrer Klarheit überraschend. Aus Sicht des BVerfG sind die finanzverfassungsrechtlichen Voraussetzungen für die Erhebung einer Ergänzungsabgabe nicht evident weggefallen. Ein evidenter Wegfall soll dem Gesetzgeber aufgeben, eine Ergänzungsabgabe aufzuheben oder anzupassen. Als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal sieht das BVerfG den Mehrbedarf des Bundes an. Bei der Bestimmung des Mehrbedarfs komme dem Bund ein weiter Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum zu. Nach Auffassung des BVerfG verzeichnet der Bund auch weiterhin einen wiedervereinigungsbedingten zusätzlichen Finanzierungsbedarf. Der Bund verletzt dabei seinen Einschätzungsspielraum nicht. Das BVerfG beschränkt sich bei der Prüfung darauf, “ob die Aufgabe, auf die die Einführung des Solidaritätszuschlags 1995 gestützt worden war, im Jahr 2020 oder danach offensichtlich in keiner Weise mehr einen finanziellen Mehrbedarf des Bundes begründet. Dies ist jedenfalls derzeit noch nicht der Fall.” Es stützt sich maßgebend auf das Gutachten des DIW, welches zu dem Ergebnis kommt, dass auch 30 Jahre nach der Wiedervereinigung, trotz positiver Entwicklungen, noch strukturelle Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland bestehen. Bis 2030 gäbe es in bestimmten Bereichen wiedervereinigungsbedingte Belastungen des Bundeshaushalts. Damit ist klar, dass in den nächsten fünf Jahren mit Blick auf dieses Judikat der Solidaritätszuschlag in seiner derzeitigen Form gesichert ist. Nicht nur dies: Das Urteil ist geradezu ein Drehbuch für den Gesetzgeber zur Finanzierung von Sonderbedarfen Ergänzungsabgaben zu erheben.

Prof. Dr. Michael Stahlschmidt, Ressortleiter Steuerrecht

BB 2025, 789