Im Blickpunkt

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Abbildung 16

Das LAG Düsseldorf befasst sich gemäß PM Nr. 13/22 in zwei Verfahren mit Kündigungen wegen der Fälschung eines Impfnachweises zum Corona-Virus. In dem einen Verfahren galt bei der Beklagten mit Inkrafttreten des § 28b Abs. 1 IfSG in der Fassung ab dem 24.11.2021 die 3G-Regelung. Die Beklagte bat den Kläger um Vorlage eines entsprechenden Beleges. Mit Datum vom 25.11.2021 legte der Kläger ein digitales EU-Impfzertifikat vor, welches einen vollständigen Impfschutz ab dem 13.9.2021 auswies. Der Impfpass selbst wies eine Impfung vom 12.8.2021 sowie vom 13.9.2021 auf, welche jeweils in der Praxis einer Berliner Ärztin durchgeführt worden sein sollen. An beiden Impfterminen war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt. Gegen die Berliner Ärztin liefen diverse Strafverfahren wegen des Verdachts auf illegalen Handel mit gefälschten Impfausweisen. Der Kläger wurde am 3.1.2022 durch die Beklagte im Beisein des Betriebsrats mit dem Vorwurf der Vorlage eines gefälschten Impfnachweises konfrontiert. Mit Schreiben vom 7.1.2022 erfolgte nach Anhörung des Betriebsrats die fristlose, hilfsweise die fristgerechte Kündigung. Das ArbG hat der Kündigungsschutzklage stattgegeben. Die Vorlage eines gefälschten Impfpasses stelle zwar einen wichtigen Grund i. S. v. § 626 Abs. 1 BGB zur fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses dar, die Beklagte konnte jedoch nicht nachweisen, dass der Kläger einen gefälschten Impfpass vorgelegt hatte. Die Voraussetzungen für eine Verdachtskündigung seien ebenfalls nicht gegeben, da hierzu der Betriebsrat nicht angehört worden war. Die 8. Kammer des LAG (Beweisbeschluss v. 4.10.2022 – 8 Sa 326/22) hat in der mündlichen Verhandlung deutlich gemacht, dass eine Impfpassfälschung die außerordentliche Kündigung rechtfertigen würde, aber zur streitigen Frage des tatsächlichen Vorliegens einer Fälschung eine noch durchzuführende Beweisaufnahme erforderlich ist. Dies gilt es bei entsprechenden Sachverhalten (vorsorglich) zu beachten. In einem weiteren Verfahren vor der 3. Kammer des LAG (Urteil v. 4.10.2022 – 3 Sa 374/22) hat die Kammer ebenfalls zum Ausdruck gebracht, dass eine Impfpassfälschung grundsätzlich einen Kündigungsgrund darstellt. Die außerordentliche Kündigung scheiterte hier an der Interessenabwägung aufgrund der 19-jährigen Betriebszugehörigkeit des Klägers, der Tatsache, dass die Fälschung auf Vorhalt sofort zugestanden wurde und dem Umstand, dass auch die Arbeitgeberin sich einen Verstoß gegen § 28b IFSG vorhalten lassen musste.

Prof. Dr. Christian Pelke, Ressortleiter Arbeitsrecht

BB 2022, 2419