Inkrafttreten von Basel IV zum 1.1.2025 – Auswirkungen auf Kreditkonditionen für Unternehmen?
Wenngleich sich aus der Sicht der Unternehmen die negativen Auswirkungen der Reform in Grenzen halten werden, spricht vieles dafür, dass sich die Kreditbedingungen in den nächsten Jahren verschärfen werden.
Nach langen politischen Diskussionen hat man sich auf EU-Ebene im Dezember 2023 auf ein Gesetzespaket zur Novellierung von Basel III geeinigt. Das entsprechende Gesetzespaket (Verordnung EU 2024/1623, ABlEU vom 19.6.2024, L 2024/1623) ist dann im Mai 2024 verabschiedet worden. Die Änderungen sind zum 1.1.2025 in Kraft getreten.
Soweit man diese Änderungen aus einer Perspektive der Unternehmensfinanzierung betrachtet, sind zwei Elemente von Bedeutung: Man muss dazu wissen, dass Banken bei der Berechnung der Risikogewichte eines Kreditengagements zwischen einem sog. Standardansatz (Kreditrisikostandardansatz – KSA) und einem fortgeschrittenen, auf internen Risikomodellen beruhenden Ansatz (Internal Ratings Based Approach – IRBA) wählen können.
Hinsichtlich des Standardansatzes (Art. 111 ff. Capital Requirements Regulation – CRR) kann man festhalten, dass dieser in seiner Grundstruktur beibehalten wird. Insbesondere für klassische Unternehmenskredite werden die Auswirkungen gering sein, da sowohl die Risikogewichte – von einer geringfügigen Änderung abgesehen – beibehalten werden, als auch der KMU-Faktor, der das Risikogewicht von Krediten an kleine und mittlere Unternehmen (KMU) pauschal auf 75 % begrenzt, weiterhin anwendbar sein wird. Allenfalls könnte man darüber spekulieren, ob durch erhöhte Due-Diligence-Anforderungen der Einsatz von externen Ratings erschwert wird. Davon unbenommen bleibt allerdings der Umstand, dass sich die Behandlung von Immobiliarkrediten und Spezialfinanzierungen deutlich verändern wird. Davon könnten Unternehmen ggf. auch betroffen sein.
Wesentlich größer werden die Effekte allerdings bei jenen Banken sein, die den IRBA verwenden. Denn hier wird mit dem Output-Floor eine neue Regel eingeführt, die besagt, dass die nach dem IRBA berechneten risikogewichteten Aktiva mindestens 72,5 % der nach dem KSA berechneten Aktiva ausmachen müssen. Dabei wird es eine fünfjährige Übergangsfrist geben, so dass ab dem 1.1.2025 zunächst eine Mindestgrenze von 50 % gilt. Es wird allgemein davon ausgegangen, dass diese Regelung den stärksten Effekt auf den Eigenkapitalbedarf von Banken haben wird. So hat die Bundesbank in einer jüngst veröffentlichten Auswirkungsstudie ermittelt, dass der Eigenkapitalbedarf bei deutschen Banken zunächst um 3,3 %, ab dem Jahr 2030 aber um mehr als 10 % ansteigen wird (Deutsche Bundesbank, Ergebnisse des Basel-III-Monitoring für deutsche Institute, 2024). Den größten Anteil an diesem steigenden Eigenkapitalbedarf hat die Einführung des Output-Floor.
Nun ist nicht zu erwarten, dass sich die Verfügbarkeit von Unternehmenskrediten jetzt schlagartig verändern wird. Die Änderungen sind schon seit geraumer Zeit absehbar, und die Banken haben sich mittlerweile darauf vorbereitet. Insoweit besteht seitens der Unternehmen kein unmittelbarer Handlungsbedarf. Dennoch muss man sich aus verschiedenen Gründen darauf einstellen, dass die Beschaffung von Bankkrediten in den nächsten Jahren nicht einfacher werden wird.
So muss man erstens festhalten, dass entgegen allen politischen Bekundungen zur Entbürokratisierung der Komplexitätsgrad der Bankenregulierung weiter erhöht wird. Die Einführung des Output-Floor wird dazu führen, dass IRBA-Banken künftig parallel ihre risikogewichteten Aktiva immer auch nach dem KSA berechnen müssen, also gezwungen sind, eine doppelte Berechnung durchzuführen. Und auch der Versuch, zu einer stärkeren Proportionalität in der Bankenaufsicht zu kommen, womit insbesondere die regulatorische Entlastung von kleinen Kreditinstituten gemeint ist, bleibt in Anfängen stecken. So ist die jetzt vollzogene Einführung einer klaren Definition von sog. kleinen und nicht-komplexen Instituten zu begrüßen, gleichzeitig ist aber keine wirklich nennenswerte Entlastung dieser Banken bei Meldepflichten und regulatorischen Vorschriften zu erkennen. Insoweit ist nicht zu erwarten, dass die ohnehin schon hohen Kostenquoten europäischer Banken in naher Zukunft deutlich sinken werden.
Zweitens wird die aktuelle Wirtschaftskrise in Deutschland zeigen, ob die prozyklischen Effekte der Bankenregulierung tatsächlich abgeschwächt wurden. Bislang jedenfalls ist das europäische Bankensystem keiner entsprechenden Belastungsprobe ausgesetzt gewesen, da die COVID-Krise absehbar vorübergehender Natur war und durch massive staatliche Unterstützung abgedämpft wurde. Bei der jetzt zu befürchtenden Wirtschaftskrise wird das anders sein.
Gleichzeitig sollte man aber auch anerkennen, dass es Bemühungen gibt, die Bedingungen für die Bankenfinanzierung zu verbessern. Zuallererst sind hier die Konsultationen zur Verbriefungsregulierung zu erwähnen, die die Kommission jetzt mit dem Ziel gestartet hat, diese Instrumente zu entbürokratisieren und mit realitätsnäheren Risikogewichten zu versehen. Das könnte insbesondere dazu führen, dass Versicherungen stärker in diesen Markt einsteigen und damit indirekt eine Verbesserung der Kreditkonditionen bewirken.
Und schließlich muss man bei alledem immer im Auge behalten, dass neue Kreditangebote außerhalb des Bankensektors entstehen bzw. sich weiterentwickeln. Dies gilt etwa für Kreditfonds oder das sog. Asset-Based-Financing. In diesem Zusammenhang ist beispielhaft die jüngst platzierte Asset-Backed-Securities-(ABS-)Transaktion des Solaranlagenanbieters Enpal zu erwähnen, der sich hier mit einer Verbriefungstransaktion Finanzmittel in erheblichem Umfang direkt am Markt beschafft hat.
Insgesamt zeigen diese Überlegungen, dass die Komplexität der Unternehmensfinanzierung durch das Nebeneinander von bankbasierten und alternativen Kreditinstrumenten weiter steigen wird. Das wird die Aufmerksamkeit von Finanzverantwortlichen in Unternehmen stark in Anspruch nehmen.
Prof. Dr. Christoph
Kaserer
ist Inhaber des Lehrstuhls für Finanzmanagement und Kapitalmärkte an der Technischen Universität München. Seit 2016 ist er in verschiedenen Gremien der European Securities and Markets Authority (ESMA) tätig.
Kaserer, BB 2025, Heft 01-02, Umschlagteil, I