Der deutsche M&A-Markt befindet sich in einem gewissen Aufwärtstrend. Der große “Bounce Back” blieb jedoch aus.
Der deutsche M&A-Markt befindet sich in einem gewissen Aufwärtstrend. Dies resultiert nicht nur aus einer gesteigerten Aktivität von Private Equity-Investoren, sondern auch von Strategen. Der große “Bounce Back” blieb jedoch aus. Regierungs- und geopolitische Krisen, ein schwieriges Zinsumfeld, erhebliche Differenzen bei Unternehmens-/Kaufpreisbewertungen, richtungsweisende Wahlen in wichtigen Jurisdiktionen sowie die Vielzahl regulatorischer Hürden bremsten auch 2024 den deutschen und globalen Markt.
Nach einem tendenziell verhaltenen Start in das Jahr 2024 führten in erster Linie einige großvolumige Deals im Konsumgüter-, Chemie- und Infrastruktursektor zu einem Anstieg des M&A-Volumens. Auch im Public M&A-Bereich zeichnete sich ein Aufwärtstrend ab. Mit rund 32 Angeboten in Deutschland war ein merklicher Anstieg gegenüber dem Vorjahr zu verzeichnen. Insbesondere die Anzahl der Delisting-Erwerbsangebote stieg im Jahr 2024 deutlich an und überschritt mit einer Gesamtzahl von 16 Angeboten den “Delisting Peak” aus dem Jahr 2021. Tauschangebote mit einer Aktiengegenleistung blieben dagegen eine Seltenheit. Auch die IPO-Bilanz fällt im Jahr 2024 (hinsichtlich der Anzahl der Börsengänge und des Emissionsvolumens) ähnlich mager aus wie im Vorjahr.
Trotz positiver Tendenzen blieben in der Gesamtbetrachtung des Marktes viele Akteure zurückhaltend. Dies lag nicht zuletzt an einer deutlichen Verschärfung des regulatorischen Umfelds, was insbesondere die Planung und Durchführung von grenzüberschreitenden Transaktionen erschwert. Neben verschärften Fusionskontrollregimen ist eine erhebliche Zunahme von außenwirtschaftsrechtlichen Investitionskontrollen zu beobachten. Eine weitere Säule bildet nunmehr auch die EU-Verordnung über Drittstaatensubventionen (Foreign Subsidies Regulation – FSR), wonach insbesondere bei international agierenden Transaktionsparteien ein weiteres Freigabeerfordernis ausgelöst werden kann. Im Einzelnen:
- Das US-amerikanische Investitionskontrollregime CFIUS ist schon seit einiger Zeit nicht mehr das einzige Kontrollsystem, das bei grenzüberschreitenden M&A-Transaktionen eine Rolle spielt. Eine große Mehrheit der EU-Mitgliedstaaten verfügt über eigene investitionskontrollrechtliche Prüfungsmechanismen – zuletzt haben Bulgarien und Irland neue Regime eingeführt –, wobei nationale Regelungen insbesondere hinsichtlich Fristen und Verfahren teilweise erheblich voneinander abweichen. In gewissen Sektoren kann dies sogar in der Untersagung von Transaktionen innerhalb der EU münden, wie zuletzt bei der geplanten Übernahme des spanischen Zugherstellers Talgo durch das ungarische Konsortium Ganz Mavag Europe.
- Die FSR statuiert ein weiteres regulatorisches Freigabeverfahren, das bei der Strukturierung von M&A-Transaktionen unbedingt zu berücksichtigen ist. Eine Freigabe durch die EU-Kommission ist bereits erforderlich, sobald ein EU-ansässiges Unternehmen einen Umsatz i. H. v. EUR 500 Mio. generiert und zugleich eine der Transaktionsparteien mindestens EUR 50 Mio. (in den drei Jahren vor dem Zusammenschluss) drittstaatliche Subventionen erhalten hat. Die Erfahrungswerte nach über einem Jahr zeigen, dass es im M&A-Bereich zu mehr als 100 förmlichen Anmeldungen kam, wobei bisher nur ein Fall bekannt ist, der in die vertiefte Prüfung (sog. Phase 2) gelangte.
Diese illustrativ skizzierten Aspekte zeigen ein von erhöhter Komplexität geprägtes regulatorisches Umfeld, welches sich auch im Jahr 2024 erheblich auf die Transaktionssicherheit ausgewirkt hat. Zum einen sind Dauer und Ausgang der Prozesse im Vorfeld schwieriger einzuschätzen als noch vor einigen Jahren. Zum anderen werden die Transaktionen über einen erheblich längeren Zeitraum vorbereitet und verhandelt. Denn neben einer gründlichen Prüfung in der Strukturierungsphase sind die Transaktionsparteien bestrebt, die regulatorischen Risiken auf die jeweils andere Partei abzuwälzen und zugleich akzeptable vertragliche Regelungen für den (langen) Zeitraum zwischen Signing und Closing zu treffen.
Begleitet wurden diese Entwicklungen von geopolitischen Krisen (u. a. dem anhaltenden Ukraine-Krieg und dem Nahost-Konflikt) und hohen Energie- und Rohstoffpreisen, die eine zusätzliche dämpfende Wirkung geschaffen haben. Des Weiteren ist bei M&A-Transaktionen seit Anfang 2024 auch das Thema “globale Mindeststeuer” zu berücksichtigen. Diese sieht eine Mindeststeuerbelastung von 15 % für multinationale und nationale Konzerne vor, die in mindestens zwei der letzten vier Geschäftsjahre einen Gesamtjahresumsatz von mindestens EUR 750 Mio. erzielt haben. In diesem Kontext kann sich z. B. die Frage stellen, ob in den jeweiligen Sitzstaaten der Parteien (oder des neuen fusionierten Unternehmens) die Mindestbesteuerung zur Anwendung gelangt oder gar die Umsatzschwelle durch die geplante Transaktion erstmals überschritten wird.
Richtet man den Blick nach vorn, bleibt abzuwarten, welche Veränderungen für den globalen M&A-Markt unter der Trump-Administration zu erwarten sind. Unsicherheiten im Vorfeld der US-Wahl dämpften die M&A-Aktivitäten. Diesbezüglich herrscht nun Klarheit, jedoch gilt es zu beobachten, wie sich die von Trump angekündigten außenwirtschaftlichen Pläne und hohen Zölle auf den Markt auswirken werden. Gleiches gilt für das im Jahr 2025 in Kraft tretende Outbound Investment Regime der USA, das – jedenfalls im Ausgangspunkt – nur Investments von US-Unternehmen in chinesisch kontrollierte Unternehmen einer Prüfung unterwerfen soll.
Trotz der skizzierten Herausforderungen und des insgesamt hinter den Erwartungen zurückgebliebenen M&A-Marktes dürfte für 2025 (vorsichtiger) Optimismus angebracht sein. Die Stabilisierung des Zinsumfeldes (verbunden mit der Aussicht auf weitere Zinssenkungen) sollte den M&A-Markt, insbesondere die Aktivität bei Private Equity-Investoren, beflügeln. Zugleich bleiben Trends wie Digitalisierung und KI sowie die Energiewende sektorübergreifende Hauptantreiber für Transaktionen, denn es ist für Unternehmen weiterhin entscheidend, auch mittels M&A ihre Geschäftsmodelle anzupassen, um perspektivisch wettbewerbsfähig zu bleiben.
Dr. Christoph
Louven, RA, praktiziert im Düsseldorfer Büro der Hogan Lovells International LLP. Er berät, neben seiner Begleitung von Unternehmenskäufen und gesellschaftsrechtlichen Strukturmaßnahmen, Unternehmen und Unternehmensorgane in Fragen der Corporate Governance.
Dr. Mesut
Korkmaz
, LL.M. (LSE), RA, Partner im Düsseldorfer Büro von Hogan Lovells International LLP. Er berät Unternehmen und Finanzinvestoren u. a. im Rahmen von (Private und Public) M&A-Transaktionen, Joint Ventures, Strukturmaßnahmen sowie zu gesellschafts- und kapitalmarktrechtlichen Fragen, einschließlich zu Fragen der Corporate Governance und Shareholder Activism.
Louven/Korkmaz, BB 2025, Heft 04, Umschlagteil, I