Im Blickpunkt

Im Blickpunkt

Abbildung 18

Vor dem LAG Düsseldorf war streitig, ob die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) zu den Stichtagen 31.5.2022, 9.10.2023 und 26.3.2024 sog. Mehrheitsgewerkschaft i. S. v. § 4a TVG in dem Wahlbetrieb 9.3. Rhein-Ruhr der DB Regio AG war, mit der Folge, dass dort ausschließlich die von ihr mit dem Arbeitgeber- und Wirtschaftsverband der Mobilitäts- und Verkehrsdienstleister e. V. (AGV MOVE) geschlossenen Tarifverträge Anwendung finden, nicht aber die von der konkurrierenden Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG). Der Antrag hatte keinen Erfolg. Die GDL habe nicht in der rechtlich gebotenen Weise am Verfahren mitgewirkt und dadurch habe sie nicht den erforderlichen “Mehrheitsbeweis” geführt. Zwar gelte in dem hierfür vorgesehenen gerichtlichen Verfahren der Amtsermittlungsgrundsatz. Dieser entbinde die Beteiligten jedoch nicht davon, die entscheidungserheblichen Tatsachen vorzutragen. Kommen die Beteiligten dem nicht nach, fehle dem Gericht die für die Ermittlung erforderliche Grundlage. Vorgerichtlich hatte die GDL sich, anders als die EVG, einem von der DB Regio AG angebotenen Notarverfahren zur Feststellung der Mehrheitsgewerkschaft verweigert. Im Verfahren habe sie unter Hinweis auf ihr Geheimhaltungsinteresse zu ihrer Mitgliederstärke nichts vorgetragen. An den weiteren Aufklärungsbemühungen des Gerichts habe sie sich nicht beteiligt. Zunächst hatte die DB Regio AG auf Anforderung des Gerichts Arbeitnehmerlisten des Wahlbetriebs 9.3. Rhein-Ruhr für jeden Stichtag vorgelegt. Das vom Gesetzgeber für den Nachweis der Anzahl der Gewerkschaftsmitglieder vorgesehene Instrument, die Beibringung einer notariellen Bescheinigung (§ 58 Abs. 3 ArbGG), wollte jedoch weder die GDL noch die EVG auf ihre Kosten nutzen, da sie durch die Kosten für die Erstellung einer solchen Urkunde unverhältnismäßig in ihrer Koalitionsfreiheit aus Art. 9 Abs. 3 GG eingeschränkt würden. Dieser Argumentation ist die Kammer, die zur Frage der zu erwartenden Kosten eine Auskunft bei der Bundesnotarkammer eingeholt hat, nicht gefolgt (LAG Düsseldorf, 28.5.2025 – 12 TaBV 45/23, PM Nr. 15/2025). Um eine geschützte Vortrags- sowie ggf. eine alternative Nachweismöglichkeit (z. B. durch Zeugen) zu eröffnen, hat sie die Beteiligten auf die ab dem 1.4.2025 bestehende Möglichkeit hingewiesen, für das Verfahren auf Antrag Zugangsbeschränkungen und Geheimhaltungsanordnungen zu treffen (§ 273a ZPO). Die GDL hat mitgeteilt, derartige Anträge nicht stellen zu wollen. Die Rechtsbeschwerde ist zugelassen.

Prof. Dr. Christian Pelke, Ressortleiter Arbeitsrecht

BB 2025, 1395