Steuern im Koalitionsvertrag
Kein Steuerkonzept erkennbar
Der Koalitionsvertrag ist da! Nach geräuschlosen Verhandlungen liegen die Ergebnisse nun vor. Zum Thema Steuern finden sich die spärlichen Ausführungen im Koalitionsvertrag auf den Seiten 45 bis 48, also 3,5 Seiten bzw. von Zeile 1424 bis Zeile 1534.
Für den Bereich der Unternehmenssteuern werden drei Punkte erwähnt, nämlich der sog. Investitions-Booster, eine degressive Abschreibung auf Ausrüstungsinvestitionen von 30 Prozent in den Jahren 2025, 2026 und 2027. Die Körperschaftsteuer soll in fünf Schritten um jeweils einen Prozentpunkt gesenkt werden, beginnend mit dem 1.1.2028. Das Optionsmodell nach § 1a KStG und die Thesaurierungsbegünstigung nach § 34a EStG sollen wesentlich verbessert werden, zudem soll geprüft werden, ob gewerbliche Einkünfte neu gegründeter Unternehmen unabhängig von ihrer Rechtsform in den Geltungsbereich der Körperschaftsteuer fallen können.
Die Einkommensteuer kommt recht knapp weg. Es ist geplant, die Einkommensteuer für kleine und mittlere Einkommen zur Mitte der Legislatur zu senken, mithin nicht vor 2027. Darüber hinaus soll die Schere zwischen der Entlastungswirkung der Kinderfreibeträge und dem Kindergeld schrittweise verringert werden. Mittels Gesetz wird bei einer Erhöhung des Kinderfreibetrags auch eine adäquate Anhebung des Kindergeldes erfolgen. Der Alleinerziehenden-Entlastungsbetrag soll entweder durch Anhebung oder Weiterentwicklung verbessert werden. Am Solidaritätszuschlag ändert sich nichts.
Bei der Gewerbesteuer ist geplant, die Sitzverlegung in sog. Gewerbesteueroasen rechtlich zu verhindern. Eine Erhöhung des Gewerbesteuer-Mindesthebesatzes von 200 auf 280 Prozent ist vorgesehen.
Keine Änderungen wird es bei der Mindeststeuer geben, an ihr wird festgehalten. Auf internationaler Ebene wird eine dauerhafte Vereinfachung der Mindeststeuer unterstützt. Immerhin wird anerkannt, dass durch Auswirkungen auf die globale Steuerarchitektur durch internationale Divergenzen keine Benachteiligung deutscher Unternehmen im internationalen Wettbewerb resultieren soll.
Der Rechtsrahmen des steuerlichen Querverbundes wird angepasst, um den Fortbestand der kommunalen Daseinsvorsorge dauerhaft zu sichern.
Überstundenzuschläge werden steuerfrei gestellt, wenn sie über die tariflich vereinbarte bzw. an Tarifverträgen orientierte Vollzeitarbeit hinausgehen. Längeres Arbeiten soll dadurch gefördert werden, dass neben dem Bezug von Rente bis zu 2 000 Euro steuerfrei hinzuverdient werden können. Fehlanreize und Mitnahmeeffekte werden vermieden. Die Nichtanwendbarkeit der Regelung bei Renteneintritten unterhalb der Altersgrenze für die Regelaltersrente wird ebenso geprüft wie die Beschränkung der Regelung auf Einkommen aus sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen und die Anwendung des Progressionsvorbehalts. Die Ausweitung der Arbeitszeit von Teilzeit auf dauerhaft an Tarifverträgen orientierte Vollzeit wird durch eine Prämie belohnt. Die Pendlerpauschale wird ab 1.1.2026 auf 38 Cent ab dem ersten Kilometer dauerhaft erhöht.
Die Übungsleiterpauschale wird auf 3 300 Euro und die Ehrenamtspauschale auf 960 Euro angehoben.
Im Gemeinnützigkeitsrecht wird die Freigrenze des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes für gemeinnützige Vereine auf 50 000 Euro angehoben und die Sphärenaufteilung aufgegeben. Der Katalog der gemeinnützigen Zwecke wird modernisiert, das Gemeinnützigkeitsrecht vereinfacht. Vom Erfordernis der zeitnahen Mittelverwendung sollen gemeinnützige Organisationen mit Einnahmen bis 100 000 Euro ausgenommen werden.
Auf europäischer Ebene wird eine Finanztransaktionssteuer unterstützt und die Umsatzsteuer in der Gastronomie für Speisen ab dem 1.1.2026 auf sieben Prozent gesenkt.
Im ersten Schritt soll die Stromsteuer um mindestens fünf Cent pro kWh gesenkt werden, um für alle so schnell als möglich auf das europäische Mindestmaß zu kommen. Übertragungsnetzentgelte sollen reduziert werden. Die Agrardiesel-Rückvergütung wird vollständig wieder eingeführt.
Einen breiteren Raum nehmen die Ausführungen zur Steuerhinterziehung und -vermeidung ein. Notwendige Maßnahmen für die Sicherung der Einnahmen und Handlungsfähigkeit des Staates werden geprüft. Insbesondere soll im Kontext der Evaluation der bestehenden Registrierkassenpflichten etwaigen erkannten Defiziten Rechnung getragen werden. Steueroasen werden konsequent auf die “Schwarze Liste” der EU gesetzt. Bei besonders schweren Fällen der bandenmäßigen Steuerhinterziehung wird die Telefonüberwachung erweitert. Maßnahmen zur Vermeidung etwaiger unberechtigter Vergünstigungen bei der Dividendenbesteuerung (“Cum-Cum-Geschäfte”) werden geprüft. Die Stärkung der Finanzkontrolle Schwarzarbeit ist vorgesehen.
Die Maßnahmen zum Steuerbürokratieabbau sollen Typisierungen, Vereinfachungen und Pauschalierungen sein. In einer Arbeitstagepauschale sollen die Werbungskosten für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zusammengefasst werden. Eine Vereinfachung der Besteuerung von Rentnern und Rentnerinnen ist geplant. Auf Vereinfachung und Digitalisierbarkeit soll bei jedem steuerrelevanten Gesetzgebungsverfahren geachtet werden. Die Finanzverwaltung wird durch Digitalisierung und Künstliche Intelligenz gestärkt.
Sicherlich ist es für die Bewertung der Maßnahmen zu früh. Gleichwohl lässt sich festhalten, dass die Summe der Einzelmaßnahmen kein schlüssiges Konzept ergibt und auch nicht ersetzt. Vielleicht darf aber schon Freude darüber herrschen, dass sich die steuerliche Situation nicht verschlechtert und zumindest der Status quo bewahrt bleibt, getreu dem Motto: Es hätte schlimmer kommen können!
Prof. Dr. iur. Michael
Stahlschmidt
lehrt an der FHDW Paderborn Steuerrecht, Rechnungswesen, Controlling und Compliance und ist Ressortleiter des Ressorts Steuerrecht des Betriebs-Berater und Schriftleiter Der SteuerBerater.
Stahlschmidt, BB 2025, Heft 18, Umschlagteil, I