Aktuell befindet sich die Richtlinie (EU) 2023/2673 in der nationalen Umsetzung. Ein Gesetzentwurf (BT-Drs. 21/1856) durchläuft das parlamentarischen Verfahren. Zentrales Anliegen dieses Gesetzes: Die Schaffung einer elektronischen Widerrufsfunktion und die Neuordnung von Fernabsatzverträgen über Finanzdienstleistungen.

Der Widerrufsbutton und hervorgehobene Informationspflichten

Der Widerrufsbutton und hervorgehobene Informationspflichten

Abbildung 1

Wenn jede Pflichtinformation hervorgehoben wird, verliert Hervorhebung ihre Wirkung.

Aktuell befindet sich die Richtlinie (EU) 2023/2673 in der nationalen Umsetzung. Ein Gesetzentwurf (BT-Drs. 21/1856) durchläuft das parlamentarischen Verfahren. Zentrales Anliegen dieses Gesetzes: Die Schaffung einer elektronischen Widerrufsfunktion und die Neuordnung von Fernabsatzverträgen über Finanzdienstleistungen.

Künftig muss in Online-Shops eine gut lesbare, während der Widerrufsfrist ständig verfügbare und hervorgehobene Widerrufsfunktion mit der Beschriftung “Vertrag widerrufen” zu finden sein, § 356a Abs. 1 BGB-E. Diese Funktion muss dem Verbraucher ermöglichen, eine Widerrufserklärung zu übermitteln und dem Unternehmer seinen Namen, eine Identifizierung des zu widerrufenden Vertrages sowie Angaben zu einem elektronischen Kommunikationsmittel bereitzustellen, § 356a Abs. 2 BGB-E. Diese Informationen muss der Verbraucher dann mittels einer Bestätigungsfunktion an den Unternehmer übermitteln können. Diese Funktion muss mit den Worten “Widerruf bestätigen” beschriftet sein, § 356a Abs. 3 BGB-E. Nach der Bestätigung muss dem Verbraucher eine Eingangsbestätigung zugehen, § 356a Abs. 4 BGB-E.

Das Ziel dahinter: Der Widerruf soll ebenso leicht sein wie der Vertragsschluss. Der Gesetzgeber meint, aktuell sei die Ausübung des Widerrufsrechtes kompliziert. Zur Erinnerung: Eine E-Mail genügt. Zukünftig gibt es also ein (zusätzliches) zweistufiges Verfahren, damit der Verbraucher nicht aus Versehen widerruft (BT-Drs. 21/1856, S. 38).

Die Rechtsprechung wird sich mit zahlreichen Einzelfragen rund um diese neue Funktion beschäftigen müssen. Weder ist der Anwendungsbereich der neuen Regeln ausreichend klar noch die Frage, was genau damit gemeint ist, wenn der Gesetzgeber schreibt, dass die elektronische Widerrufsfunktion “während des Laufs der Widerrufsfrist” ständig verfügbar sein muss (ausführlich Rätze, WRP 2025, 1398; Wiebe/Sengül, WRP 2025, 574). Zwar versucht die Gesetzesbegründung erste Antworten zu liefern, zuständig für die Auslegung der neuen Regelungen ist aber allein der EuGH.

Das neue Gesetzesvorhaben erschöpft sich nicht in der Schaffung der elektronischen Widerrufsfunktion. Das Gesetz macht auch mehr oder weniger klare Gestaltungsvorgaben in Bezug auf Informationen. Der Unternehmer muss die neue Funktion “hervorgehoben platziert” auf seiner Webseite zur Verfügung stellen.

Das ist nicht die einzige Hervorhebungspflicht, die das Gesetz vorsieht. Es werden auch neue Informationspflichten in Bezug auf die Hinweise zum geltenden Gewährleistungsrecht geschaffen. Bislang genügt der Satz “Es gilt das gesetzliche Mängelgewährleistungsrecht.” Künftig müssen Detail-Informationen in hervorgehobener Weise unter Verwendung einer harmonisierten Mitteilung der EU-Kommission nach einem in der gesamten Union einheitlichen Muster erteilt werden. Neu geschaffen wird auch eine Informationspflicht über Herstellergarantien unter Verwendung eines einheitlichen Musters. Auch dieses muss hervorgehoben platziert werden.

Es stellt sich zwangsläufig die Frage: Wenn ein Unternehmen die Informationen zur Gewährleistung und zur Garantie unmittelbar nacheinander aufführt, ist die Pflicht zur Hervorhebung dann noch erfüllt oder müssen sich beide Informationen auch voneinander ausreichend absetzen, um noch jeweils als hervorgehoben zu gelten?

Reformiert werden daneben die Vorschriften zur sog. Button-Lösung. Dies führt zu einer doppelten Hervorhebungspflicht. Bereits aktuell müssen bestimmte Informationen auf der letzten Bestellseite eines Online-Shops hervorgehoben dargestellt werden, § 312j Abs. 2 BGB. Zukünftig (ab 27.9.2026) wird die Liste u. a. um die Informationen aus Art. 246a § 1 Abs. 1 Nr. 11a EGBGB, also die Pflicht zur hervorgehobenen Information über Herstellergarantien, ergänzt.

Auf der letzten Bestellseite sind also die in § 312j Abs. 2 BGB genannten Informationen insgesamt hervorgehoben darzustellen – und innerhalb dieser die Informationen über Herstellergarantien noch einmal gesondert hervorgehoben.

Ein Sinn dahinter ist nicht erkennbar.

Dem “Verbraucherschutz” scheint die Etablierung neuer Informationspflichten nicht mehr genug zu sein. Es werden Pflichten zur hervorgehobenen Präsentation geschaffen.

Was bei der Button-Lösung begann, wird mit der Widerrufsfunktion und den Informationen zu Gewährleistung und Garantie fortgesetzt. Je mehr Informationsinhalte hervorgehoben werden sollen, desto mehr stellt sich die Frage nach der Hierarchie des Wichtigen. Eine permanente Aufwertung aller Informationspflichten könnte visuell zu einem Gleichstand führen – mit der Folge, dass der intendierte Effekt der Hervorhebung verpufft.

Der Verbraucher wird durch die neuen Pflichten verwirrt. Wenn von den unzähligen Informationen, die der Unternehmer erteilen muss, einige besonders markiert sind, sind diese dann wichtiger? Oder was soll mit der Hervorhebung ausgedrückt werden?

Der Verbraucher ist informiert, situationsadäquat aufmerksam und verständig – er versteht Informationen, auch wenn diese nicht hervorgehoben sind. Daran sollte sich der Gesetzgeber erinnern. Informationspflichten sollten endlich zurückgefahren werden und nicht inmitten einer Flut unnötiger Informationen bestimmte Teile hervorgehoben werden.

Dipl.-Wirtschaftsjurist Martin
Rätze
, Jahrgang 1984, Studium des Deutschen und Europäischen Wirtschaftsrechts an den Universitäten Siegen und Athen. 2008 bis 2018 Legal Counsel bei der Trusted Shops AG, bis 2018 wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Kanzlei Wienke & Becker, Köln. Seit 2023 wissenschaftlicher Mitarbeiter bei TCI Rechtsanwälte, Mainz.

Rätze, BB 2025, Heft 47, Umschlagteil, I