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BAG: Kündigung eines aufgrund eines Arbeitsvertrags tätigen Geschäftsführers einer GmbH – Geltung des § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG

– Geltung von § 613a Abs. 4 Satz 1 BGB – Betriebsübergang – maßgeblicher Zeitpunkt und Auswirkungen der Niederlegung des Amts als Geschäftsführer

BAG, Urteil vom 20.7.2023 – 6 AZR 228/22

ECLI:DE:BAG:2023:200723.U.6AZR228.22.0

Liegt der rechtlichen Beziehung zwischen Organ und Gesellschaft ein Arbeitsverhältnis zugrunde, geht bei einem Betriebsübergang gemäß § 613a BGB zwar das Arbeitsverhältnis, nicht aber die Organstellung auf den Erwerber über.

(Amtlicher Leitsatz)

1. Für die Frage, ob der Anwendungsbereich des § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG eröffnet ist, kommt es darauf an, ob im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung die organschaftliche Stellung als Geschäftsführer noch bestanden hat. Ist dies der Fall, bedarf die Kündigung keiner sozialen Rechtfertigung iSv. § 1 Abs. 2 KSchG (Rn. 16). Das gilt auch, wenn der rechtlichen Beziehung zwischen Organ und Gesellschaft ein Arbeitsverhältnis zugrunde liegt (Rn. 24 ff.).

2. Bei Organmitgliedern juristischer Personen ist zwischen der Organstellung und dem ihr zugrunde liegenden Anstellungsverhältnis zu unterscheiden. Die Bestellung zum Organ einer juristischen Person ist ausschließlich ein körperschaftlicher Rechtsakt. Sie begründet kein schuldrechtliches Verhältnis zwischen dem Organmitglied und der Gesellschaft (Rn. 21, 39).

3. Haben Arbeitgeber und Geschäftsführer anstelle eines Dienstvertrags einen Arbeitsvertrag geschlossen, kommt es für die rechtliche Einordnung ihrer Vertragsbeziehung allein auf die vertragliche Vereinbarung, nicht dagegen auf die tatsächliche Vertragsdurchführung an (Rn. 23).

4. § 613a BGB schützt auch Organmitglieder iSd. § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG, die auf der Grundlage eines Arbeitsverhältnisses tätig sind (Rn. 31 ff.). Das Arbeitsverhältnis geht grundsätzlich mit dem beim Betriebsveräußerer zuletzt innegehabten Inhalt der Beschäftigung und deshalb mit Tätigkeiten eines Geschäftsführers über (Rn. 40).

5. Die Organstellung von Vertretern juristischer Personen geht dagegen nicht im Wege eines Betriebsübergangs nach § 613a BGB auf den Erwerber über (Rn. 40).

(Orientierungssätze)