Fortschritte bei dem Bemühen um eine faire internationale Besteuerung?
Das Bundesfinanzministerium teilt mit, dass die Verhandlungen zur Zwei-Säulen-Lösung der OECD vorankommen. Ziel Deutschlands ist eine einfach handhabbare und bürokratiearme Lösung. Der deutsche Wirtschaftsstandort soll damit gestärkt und Wettbewerbsgleichheit geschaffen werden. Faire Unternehmensbesteuerung auf internationaler Ebene soll zur Wettbewerbsgleichheit führen. Große internationale Unternehmen müssen ebenso Steuern bezahlen wie mittelständische Unternehmen vor Ort. An der Finanzierung des Gemeinwesens haben sich Unternehmen, die in Deutschland Gewinne erwirtschaften, zu beteiligen. Dazu soll die sog. Säule 1 mit der fairen internationalen Verteilung der Steuern beitragen. Insbesondere die Gewinne der digitalisierten Wirtschaft sollen nach neuem Mechanismus verteilt werden, Digitalkonzerne wie z. B. Suchmaschinen künftig auch dort Steuern zahlen, wo sie genutzt werden. Die 2. Säule, die globale effektive Mindestbesteuerung, soll dazu führen, dass ein Mindeststeuersatz auf den Gewinn gezahlt wird. Sie wird nach dem bisherigen Stand überall in der Europäischen Union und in zahlreichen außereuropäischen Staaten wie z. B. Großbritannien, Kanada, Japan oder Australien umgesetzt und gilt als ein Beispiel für eine erfolgreiche globale Kooperation im Steuerbereich. Immerhin 143 Staaten und Jurisdiktionen arbeiten in dem zuständigen Gremium der OECD, dem “Inclusive Framework on BEPS” (BEPS: Base Erosion and Profit Shifting) mit.
Ein großer Schritt vorwärts auf dem Weg zu einer breiten globalen Einigung auf eine Reform der internationalen Unternehmensbesteuerung sei das sog. “July-Package”. Die Fortschritte hätten auch die G20-Finanzministerinnen und \_minister und -Notenbankgouverneurinnen und -gouverneure begrüßt. Inhaltlich sieht das “July Package” die “Subject-to-tax-Regelung” (STTR) als weiteren Bestandteil der Säule 2, der Mindestbesteuerung, vor. Ziel des STTR ist es, bei bestimmten grenzüberschreitenden konzerninternen Zahlungen, eine Mindestbesteuerung sicherzustellen und insbesondere Entwicklungsstaaten die Möglichkeit zu geben, Besteuerungsrechte zurückzuerhalten. Damit soll die Fairness der internationalen Besteuerungsregeln erhöht und die Inklusivität insbesondere in Bezug auf Entwicklungsstaaten weiter befördert werden.
Auch bei der Abgrenzung der Besteuerungsrechte im Rahmen der Säule 1 gäbe es Fortschritte. Die Schwäche der bisherigen Regelungen zur Abgrenzung der Besteuerungsrechte auf Unternehmenseinkünfte zwischen den Staaten und Gebieten sei im Wesentlichen auf das Vorhandensein einer physischen Präsenz des Unternehmens zurückzuführen, welche bei digitalen Geschäftsmodellen nicht immer zu angemessenen Ergebnissen führten. Um diesem Umstand Rechnung zu tragen, sollen Teile der Besteuerungsrechte an Unternehmenseinkünften zugunsten von Marktstaaten mit dem sog. “Amount A” umverteilt werden. Dieser “Amount A” soll mit einem multilateralen völkerrechtlichen Vertrag (“Multilateral Convention” – MLC) umgesetzt werden, der auf OECD-Ebene ausgearbeitet werde. Die teilnehmenden Staaten verpflichten sich, keine unilateralen Digitalsteuern (oder ähnliche Maßnahmen) zu erheben.
Aus Sicht des BMF sei es ermutigend, dass so viele Staaten eine gemeinsame Lösung erarbeiten wollen. Mit dem MLC, bei dem noch eine Einigung hinsichtlich letzter kleinerer Details fehlt, stünde ein weltweiter Staatenkreis für eine glaubwürdige und effektive internationale Umsetzung, ohne dass es zu einem Flickenteppich national unterschiedlicher Digitalsteuern käme.
Deutschland setzte sich vor allem für einfach handhabbare und bürokratiearme Regelungen ein. So sei erreicht worden, dass die neuen Regelungen zur Umverteilung von Besteuerungsrechten nicht flächendeckend angewendet werden müssten, sondern zunächst auf eine kleine Zahl an multinationalen Konzernen begrenzt sei. Zehn multinationale Unternehmensgruppen seien voraussichtlich in Deutschland betroffen und weltweit ca. 100. Zunächst solle auf Erfahrungen der Besteuerung dieser Fälle zurückgegriffen werden, bevor die Regelungen auf weitere Unternehmensgruppen ausgeweitet werden.
Ein zentralisiertes Verwaltungsverfahren (sog. “one-stop-shop”) soll dazu führen, dass eine bürokratiearme Lösung eingeführt wird. Die Reformimpulse aus der internationalen Diskussion könnten genutzt werden, um auch die nationalen Steuerregelungen auf den Prüfstand zu stellen. Hier könnten Verbesserungen vorgenommen werden, um den Wirtschaftsstandort zu stärken.
Schließlich wird darauf hingewiesen, dass es nicht primäres Ziel sei, Steuereinnahmen zu generieren, sondern eine fairere Verteilung zwischen verschiedenen Staaten zu gewährleisten. Mit den neuen Regeln werde ein Level-Playing-Field zwischen den Staaten hergestellt. Deutschland könne aber, nach Berechnungen des ifo Instituts, mit maßvollen Mehreinnahmen rechnen.
Was waren die Ausführungen zur Reform der Grundsteuer: Die kommunalen Spitzenverbände versprachen, die Reform nicht zu nutzen, um neues Steueraufkommen zu generieren. Von Aufkommensneutralität war die Rede. Da viele Städte und Kommunen mehr Geld benötigen, könnte das Versprechen kippen. Zumindest haben viele Städte und Kommunen vor der Anwendung der neuen Grundsteuerwerte erst einmal die Hebesätze erhöht.
Daher ist meist Vorsicht geboten, wenn Bürokratieabbau, Steuervereinfachung und keine Steuermehreinnahmen versprochen werden. Oft geschieht genau das Gegenteil. Mal sehen, wie es bei Säule 1 und 2 wird. Was ist von den Versprechen zu halten?
Professor Dr. iur. Michael
Stahlschmidt
M.R.F LL.M. MBA LL.M, RA/FAStR/FAInsSanR/FAMedR/StB, Diplom-Betriebswirt/FH lehrt an der FHDW Paderborn Steuerrecht, Rechnungswesen und Controlling und ist Ressortleiter des Ressorts Steuerrecht des Betriebs-Berater und Chefredakteur Der SteuerBerater Frankfurt am Main/Medebach.
Stahlschmidt, StB 2023, Heft 09, Umschlagteil, I