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BAG: Leistungsbestimmung – billiges Ermessen – Durchführungsanspruch

Das BAG hat mit Beschluss vom 23.2.2021 – 1 ABR 12/20, ECLI:DE:BAG:2021:230221.B.1ABR12.20.0 – entschieden:

Räumen die Betriebsparteien in einer Betriebsvereinbarung dem Arbeitgeber ein Leistungsbestimmungsrecht iSv. § 315 BGB bei der Festsetzung eines Faktors zur Berechnung eines Bonus für die Arbeitnehmer ein, kann der Betriebsrat im Wege seines Durchführungsanspruchs nach § 77 Abs. 1 Satz 1 BetrVG nicht vom Arbeitgeber verlangen, eine Ausübung der Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen zu treffen. § 315 Abs. 1 BGB gestaltet nur das individualrechtliche Schuldverhältnis der Arbeitsvertragsparteien.

(Leitsatz)

1. Ein in erster Instanz voll obsiegender Antragsteller kann in der zweiten Instanz neue Sachanträge und weitere Verfahrensgegenstände nur im Wege einer Anschlussbeschwerde nach § 87 Abs. 2 Satz 1, § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG iVm. § 524 ZPO in das Verfahren einführen (Rn. 11 ff.).

2. Durch die bloße „Bitte“, bis zu einem bestimmten Zeitpunkt Stellung zur Beschwerdebegründung zu nehmen, setzt das Landesarbeitsgericht keine Erwiderungsfrist iSd. § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO iVm. § 87 Abs. 2 Satz 1, § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, sondern gewährt lediglich Gelegenheit zur Äußerung iSv. § 90 Abs. 1 Satz 1 ArbGG (Rn. 20).

3. Hat sich das Landesarbeitsgericht nicht – auch nicht konkludent – mit der Frage befasst, ob eine Antragsänderung in der Beschwerdeinstanz sachdienlich iSv. § 81 Abs. 3 Satz 1 ArbGG ist, hat das Rechtsbeschwerdegericht hierüber zu entscheiden (Rn. 23).

4. Sieht eine Betriebsvereinbarung vor, dass dem Arbeitgeber bei der Festsetzung eines Faktors zur Berechnung eines Bonus für die Arbeitnehmer ein Leistungsbestimmungsrecht iSv. § 315 BGB zusteht, kann der Betriebsrat im Wege seines Durchführungsanspruchs nach § 77 Abs. 1 Satz 1 BetrVG vom Arbeitgeber nur verlangen, dass dieser eine Leistungsbestimmung vornimmt. Da § 315 Abs. 1 BGB lediglich das durch die normativen Bestimmungen der Betriebsvereinbarung vermittelte individualrechtliche Schuldverhältnis der Arbeitsvertragsparteien, nicht aber das kollektivrechtliche Schuldverhältnis der die Betriebsvereinbarung schließenden Betriebsparteien ausgestaltet, steht ihm kein Anspruch darauf zu, dass der Arbeitgeber die Leistungsbestim[1]mung nach billigem Ermessen vornimmt (Rn. 44 ff.)

(Orientierungssätze)