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BAG: Urlaubsabgeltungsanspruch – tarifliche Ausschlussfristen

Das BAG hat mit Urteil vom 27.10.2020 – 9 AZR 531/19 – entschieden:

1. Der Wirksamkeit einer tariflichen Ausschlussfrist, die eine schriftliche Geltendmachung des Anspruchs auf Urlaubsabgeltung innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit verlangt, steht der nach § 13 Abs. 1 Satz 1 BUrlG unabdingbare Schutz des gesetzlichen Mindesturlaubs (§§ 1, 3 Abs. 1 BUrlG) nicht entgegen (Rn. 17 ff.). Ihre Anwendung auf den in Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG und Art. 31 Abs. 2 GRC verankerten Anspruch auf Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs ist mit Unionsrecht vereinbar (Rn. 19 ff.).

2. Die für den Lauf einer Ausschlussfrist maßgebliche Fälligkeit des Urlaubsabgeltungsanspruchs tritt im Falle einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch eine arbeitgeberseitige Kündigung regelmäßig mit Ablauf der Kündigungsfrist ein (Rn. 31).

3. Ein vom Arbeitnehmer eingeleitetes Kündigungsschutzverfahren und dessen Beendigung durch gerichtlichen Vergleich, in dem sich die Parteien auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum Kündigungstermin verständigen, haben auf die Entstehung des Urlaubsabgeltungsanspruchs und dessen Fälligkeit keinen Einfluss. Maßgeblich ist allein die objektive Rechtslage (Rn. 33). 

4. Endet das Arbeitsverhältnis infolge einer arbeitgeberseitigen Kündigung, trägt der Arbeitnehmer grundsätzlich auch dann das Risiko, den Urlaubsabgeltungsanspruch rechtzeitig im Sinne einer tariflichen Ausschlussfrist geltend zu machen, wenn die Wirksamkeit der Kündigung im Streit steht; dem Arbeitgeber obliegt es regelmäßig nicht, den Arbeitnehmer zur Wahrung der tariflichen Ausschlussfrist anzuhalten (Rn. 36).

5. In der Erhebung einer Bestandsschutzklage liegt nicht die schriftliche Geltendmachung des Urlaubsabgeltungsanspruchs im Sinne einer tariflichen Ausschlussfrist (Rn. 42). Die Obliegenheit des Arbeitnehmers, den Urlaubsabgeltungsanspruch innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend zu machen, steht im Einklang mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzes iSv. Art. 2 Abs. 1 GG iVm. Art. 20 GG (Rn. 43 ff.).

(Orientierungssätze)

Angewandte Bestimmungen: GRC Art. 31 Abs. 2; Richtlinie 2003/88/EG Art. 7 Abs. 1 und Abs. 2; GG Art. 2 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3; BGB § 307 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1, § 310 Abs. 4 Satz 3; BUrlG §§ 1, 3 Abs. 1, § 7 Abs. 1, Abs. 3 und Abs. 4, § 13 Abs. 1 Satz 1; Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer der bayerischen Metall- und Elektroindustrie vom 23. Juni 2008 (MTV) § 22 Abs. 3