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BAG: Anspruch auf Zahlung einer Abfindung – staatsanwaltschaftliche Pfändung dieses Anspruchs in Vollziehung eines strafprozessualen dinglichen Arrests

– Zahlungsverzug – Verzugszinsen – Hinterlegung unter Verzicht auf das Rücknahmerecht – tarifvertragliche Ausschlussfrist – Auslegung

BAG, Urteil vom 14.6.2023 – 8 AZR 160/22

ECLI:DE:BAG:2023:140623.U.8AZR160.22.0

1. Die staatsanwaltschaftliche Pfändung einer Forderung in Vollziehung eines nach §§ 111d, 111e StPO aF angeordneten dinglichen Arrests hat auf den Verzug des Drittschuldners keine Auswirkung, wenn für diesen die Möglichkeit besteht, den geschuldeten Geldbetrag unter Verzicht auf das Rücknahmerecht und damit schuldbefreiend zu hinterlegen (Rn. 20 ff.).

2. Ein Drittschuldner, der im Rahmen der Forderungspfändung von einer für ihn bestehenden Möglichkeit der Hinterlegung unter Verzicht auf das Rücknahmerecht keinen Gebrauch gemacht hat, kann sich nach Aufhebung der Pfändung gegenüber einem Anspruch des Gläubigers auf Zahlung von Verzugszinsen nicht mit Erfolg darauf berufen, dass nach dem Gesetz – wie vorliegend nach § 12 ThürHintG – hinterlegtes Geld durch die Staatskasse nicht verzinst wird. Ein dahingehender Einwand „rechtmäßigen Alternativverhaltens“ ist unbeachtlich (Rn. 27 ff.).

3. Eine tarifvertragliche Ausschlussfrist, die neben Ansprüchen aus dem Tarifvertrag auch „weitere Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis“ erfasst, erfasst grundsätzlich alle gesetzlichen und vertraglichen Ansprüche, die die Arbeitsvertragsparteien aufgrund ihrer durch den Arbeitsvertrag begründeten Rechtsstellung gegeneinander haben. Dies schließt gesetzliche Verzugszinsansprüche ein (Rn. 39).

4. Die Ausschlussfrist nach § 15 Ziff. 3 Satz 1 iVm. § 15 Ziff. 2 Satz 3 MTV Groß- und Außenhandel Thüringen, wonach – im Gegensatz zu Ansprüchen aus dem Tarifvertrag, für die nach § 15 Ziff. 3 Satz 1 iVm. § 15 Ziff. 2 Satz 1 MTV Groß- und Außenhandel Thüringen eine Ausschlussfrist von drei Monaten ab Fälligkeit gilt – „weitere Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis“ verfallen, wenn sie nicht „spätestens 3 Monate nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses“ schriftlich gegenüber dem anderen Vertragspartner „erhoben wurden“, ist dahin auszulegen, dass sie die erst nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig werdenden Ansprüche von vornherein nicht erfasst (Rn. 35 ff.).

(Orientierungssätze)