Angelika Sauer: Verlegerin, Unternehmerin, Dame

Angelika Sauer: Verlegerin, Unternehmerin, Dame

Abbildung 2

So ist die Seite in Heft 1 des “Betriebs-Berater” 2002 überschrieben, die der Geschäftsführenden Gesellschafterin des damals in Heidelberg ansässigen Verlags Recht und Wirtschaft (RuW) gewidmet war, als sie nach mehr als 32 Jahren an der Spitze dieses Unternehmens ihre Gesellschaftsanteile an den Deutschen Fachverlag in Frankfurt a. M. übertrug und sich aus der Geschäftsführung zurückzog.

Angelika Sauer stammte aus der Stuttgarter Unternehmerdynastie Mahle. 1964 erwarb die Familie Anteile am Verlag Recht und Wirtschaft, in dem seit 1946 der “Betriebs-Berater”, seit 1954 die Zeitschrift “Recht der Internationalen Wirtschaft” und seit 1962 “Der Steuerberater” sowie diverse Fachbücher erschienen. Zunächst führte ihr Mann Irmfried Sauer die Geschäfte. Nach seinem frühen Tod 1969 hätte Angelika Sauer es sich einfach machen und RuW verkaufen oder sich allein auf Geschäftsführer verlassen können. Aber sie fühlte sich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern verpflichtet und übernahm kurzerhand selbst die Leitung des Verlags – und dies als Nichtjuristin und Frau im zu der Zeit komplett männlich geprägten Kreis der juristischen Verleger in Deutschland. Wie schwierig das manchmal gewesen sein muss, können wir heute wohl nur noch annähernd nachempfinden. Doch Angelika Sauer war eine Dame, die wusste, was sie wollte und was sie konnte. Der dem Verlag eng verbundene Rechtswissenschaftler Otto Sandrock formulierte es anlässlich ihres 25-jährigen Jubiläums als Geschäftsführerin so: “Sie verlässt sich auf ihr Können, auf ihre außergewöhnliche Gabe, alle Probleme mit Erfolg außerjuristisch zu managen, und auf ihren sicheren Instinkt.”

So fiel in ihre Zeit als Verlegerin der erfolgreiche Ausbau des RuW-Zeitschriftenportfolios durch die Übernahme der “Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht” sowie der “Zeitschrift für Vergleichende Rechtswissenschaft” 1976, den Erwerb der Zeitschrift “Europäisches Wirtschafts- und Steuerrecht” 1992 und die Neugründung der Zeitschrift “Kommunikation & Recht” 1998. Auch das Buchprogramm und die Veranstaltungen des Studienkreises Recht und Wirtschaft wuchsen und gediehen unter ihrer Ägide. Schließlich hat sie gegen Ende ihrer Zeit als Geschäftsführerin durchaus weitsichtig auch schon erste Schritte in Richtung Digitalisierung der Verlagsprodukte unternommen.

Ihr Credo als Unternehmerin hat sie in ihrer Rede anlässlich des 50-jährigen Jubiläums des “Betriebs-Berater” so zusammengefasst: “Einen Verlag, eine Firma kann man nur leiten, wenn man sich mit großem Vertrauen auf die leitenden Mitarbeiter stützen kann. Ich glaube, das ist das Besondere im Verlag Recht und Wirtschaft – und das hängt auch damit zusammen, daß ich ihn als Frau führe –, daß ich schon von Beginn an allen, die ihre Aufgabe selbständig lösen können, diese große Selbständigkeit gebe.” Das Konzept ging auf, denn Mitarbeiterfluktuation war beim Verlag Recht und Wirtschaft ein Fremdwort; für sehr viele der dort Beschäftigten war er jahrzehntelang berufliche Heimat. Und auch als aus Altersgründen schließlich ein Stabwechsel anstand, war Angelika Sauer Selbständigkeit, diesmal die des Verlags, sehr wichtig. Dieses Ziel hat sie mit der Übertragung ihrer Anteile an den Deutschen Fachverlag erreicht, sind doch die “Fachmedien Recht und Wirtschaft” bis heute eine eigenständige verlegerische Einheit innerhalb der dfv Mediengruppe.

Am 4. März 2023 ist Angelika Sauer kurz vor ihrem 90. Geburtstag verstorben. Ohne ihr beherztes Einspringen nach dem Tod ihres Mannes und ohne ihre kluge Nachfolgeregelung gäbe es RuW heute nicht mehr. Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der “Fachmedien Recht und Wirtschaft” sind Angelika Sauer daher zu großem Dank verpflichtet. Wir werden ihr ein ehrendes Andenken bewahren.

Verlagsbereich Fachmedien Recht und Wirtschaft

dfv Mediengruppe

StB 2023, Heft 04, Umschlagteil, IV