Eine guarda di finanza für Deutschland?

Eine guarda di finanza für Deutschland?

Abbildung 1

Dass die Geldwäschebekämpfung in Deutschland lahmt, ist keine neue Erkenntnis. Bundesfinanzminister Christian Lindner dazu: “Deutschland darf nicht länger den Ruf eines Geldwäsche-Paradieses haben. Wir haben den Mut zum großen Wurf: Mit leistungsfähigen und wirksamen Strukturen werden wir dafür sorgen, dass die ehrlichen Kaufleute vor denen geschützt werden, die sich nicht an Regeln halten.” Am 24.8.2022 erstellte er Eckpunkte für eine schlagkräftige Bekämpfung der gesamten Finanzkriminalität. Auch eine effektivere Durchsetzung von Sanktionen möchte er erreichen und kommt damit auch dem Bericht mit Empfehlungen der Financial Action Task Force (FATF) zuvor, die das System gegen Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung und Finanzierung von Massenvernichtungswaffen umfassend prüft. Zu diesem Zweck wird angestrebt, dass die wichtigsten Kompetenzen unter dem Dach einer neuen Behörde auf Bundesebene gebündelt werden; diese sind der erste Punkt des Eckpunktepapiers. Es wird angestrebt, eine Bundesbehörde zur Bekämpfung der Finanzkriminalität/BBF, in der die relevanten Funktionen und Kompetenzen zusammengezogen werden, zu errichten. Insbesondere die internationale Geldwäsche und große komplexe Fälle von Finanzkriminalität sollen Gegenstand der Ermittlungstätigkeit sein. Auch die operative Verantwortung für die Umsetzung von Sanktionen, die Analysetätigkeit für Verdachtsmeldungen sowie die Koordinierung der Aufsichtstätigkeit, insbesondere im Nichtfinanzsektor sollen dazu gehören. Drei jeweils eigenständige Stränge werden unter dem Dach der neuen Behörde eingerichtet. Derzeit kommt den großen, verzweigten und internationalen Fällen von Finanzkriminalität (Geldwäsche) in Deutschland nicht die notwendige Priorisierung zu. Dies macht eine gezielte Fokussierung auf komplexe Sachverhalte besonders schwierig. Geplant ist, dass dies in Zukunft das neue Bundesfinanzkriminalamt übernimmt. Bezweckt wird damit auch die Bündelung der speziellen Expertise zur Bekämpfung von Finanzkriminalität. Gezielt sollen komplexe Fälle von illegalen Finanzflüssen aufklärt und auf den “follow-the-money”-Ansatz fokussiert werden.

Die FIU (Financial Intelligence Unit – FIU) wird Anfangspunkt zahlreicher Ermittlungen durch Verdachtsmeldungen sein, die bei ihr eingehen. Geplant ist, sie als wichtiger Partner des Bundesfinanzkriminalamts, zwar in deren Struktur integriert, aber als unabhängige Analyseeinheit entsprechend den europäischen und internationalen Vorgaben fortzuführen. Für komplexe und internationale Geldwäsche braucht es hochwertigere Analysen aus der Kompetenz der FIU.

Ferner wird eine koordinierende Zentralstelle zur konsistenten Aufsicht im Nichtfinanzsektor eingerichtet. Zweck ist es, die Aufsichtsbehörden in den Ländern, von über 300, zugunsten einer gleichzeitigen stringenteren und koordinierten Aufsicht über den diversifizierten Nichtfinanzsektor (z. B. unterschiedlichste Gewerbetreibende, Veranstalter von Glücksspiel) erheblich zu reduzieren. Die Zentralstelle für Geldwäscheaufsicht wird neben der Koordinierung der Landesaufsichtsbehörden die Erarbeitung von Leitlinien und Standards übernehmen. Angestrebt wird, den derzeitigen Flickenteppich zugunsten einer risikobasierten Aufsicht aus einem Guss abzulösen.

Als große zweite Maßnahme ist die Ausbildung von speziellen Finanzermittlern geplant. Hierzu ist die Entwicklung besonders relevanter kursbasierter Angebote vorgesehen, um die bestehenden Konzepte zu verbessern und fortzuentwickeln.

Die Digitalisierung und Vernetzung der Register als dritte große Maßnahme zielt darauf ab, durch schnelle Interimslösungen, Eigentumsverhältnisse und wirtschaftlich Berechtigte, insbesondere im Ermittlungsfall oder bei Sanktionsdurchsetzung, effizient zu prüfen.

Wie dies funktioniert, hat die guarda di financa in Italien gezeigt. Während in Deutschland noch über die Eigentumsverhältnisse von Russen, die auf der Sanktionsliste der EU stehen, gerätselt wurde, beschlagnahmte die guarda di financa schon. Im Gegensatz zu Italien, wo die Eigentümer von Immobilien bekannt sind, ist dies in Deutschland nicht der Fall.

Es bleibt zu hoffen, dass Christian Lindners Plan funktioniert und nicht im politischen Betrieb zerrieben wird.

Professor Dr. iur. Michael
Stahlschmidt
, M.R.F. LL.M., MBA LL.M., RA/FAStR/FAInsR/FAMedR/StB, Diplom-Betriebswirt/FH, lehrt an der FHDW Paderborn Steuerrecht, Rechnungswesen und Controlling und ist Ressortleiter des Ressorts Steuerrecht des Betriebs-Berater und Schriftleiter Der Steuerberater, Frankfurt am Main/Medebach.

Stahlschmidt, StB 2022, Heft 09, Umschlagteil, I