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BAG: Abmahnung – Nebentätigkeit eines Zeitschriftenredakteurs – Meinungs- und Pressefreiheit

Das BAG hat mit Urteil vom 15.6.2021 – 9 AZR 413/19 – wie folgt entschieden:

1. § 13 Ziff. 3 MTV verpflichtet den angestellten Redakteur, dem Verlag die beabsichtigte Verwertung einer Nachricht, die ihm bei seiner arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeit bekannt geworden ist, in einem Gastbeitrag für eine andere Zeitschrift durch Einholung einer schriftlichen Einwilligung anzuzeigen (Rn. 30).

2. Die tarifliche Regelung verletzt den Redakteur weder in seiner durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Berufsfreiheit noch in seinen Grundrechten auf freie Meinungsäußerung und Pressefreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG. Sie gewährleistet einen Ausgleich der kollidierenden Grundrechtspositionen von Verlag und Redakteur nach dem Grundsatz der praktischen Konkordanz, denn die mit § 13 Ziff. 3 MTV begründete Anzeigepflicht des Redakteurs wird durch § 13 Ziff. 1 Halbs. 2 MTV begrenzt (Rn. 30). Sie setzt ein berechtigtes Interesse des Verlags voraus und entfällt, wenn überwiegend schutzwürdige Interessen des Redakteurs und/oder der Öffentlichkeit an der unmittelbaren Verwertung der Nachricht bestehen (Rn. 39).

3. Private Presseunternehmen stehen miteinander in geistiger und wirtschaftlicher Konkurrenz (Rn. 37). Das Interesse des Verlags, die Unterstützung einer anderen Zeitschrift durch die Verwertung einer Nachricht iSv. § 13 Ziff. 3 MTV in einem Gastbeitrag des angestellten Redakteurs zu vermeiden, überwiegt deshalb regelmäßig das Interesse des Redakteurs an der unmittelbaren Verwertung der Nachricht (Rn. 38 f.).

4. Bei gebotener völkerrechtsfreundlicher Auslegung der Grundrechte vermittelt die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) einem angestellten Redakteur keinen Schutz, der zu einer einschränkenden Auslegung oder der Nichtanwendung von § 13 Ziff. 3 iVm. § 13 Ziff. 1 MTV führen könnte (Rn. 40 ff.).

5. Verstößt der Redakteur gegen eine gemäß § 13 Ziff. 3 MTV bestehende Anzeigepflicht, kann dies – unabhängig davon, ob der Verlag die Einwilligung zur beabsichtigten anderweitigen Verwertung der Nachricht versagen könnte – eine Abmahnung rechtfertigen (Rn. 20), denn die tarifliche Regelung soll dem Verlag die Prüfung ermöglichen, ob seine berechtigten Interessen beeinträchtigt werden (Rn. 38).

(Orientierungssätze)