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BAG: Unternehmenseinheitlicher Betriebsrat – Belegschaftsbeschluss – Auswirkungen nachfolgender Umstrukturierungen

Das BAG hat mit Beschluss vom 24. März 2021 – 7 ABR 16/20, ECLI:DE:BAG:2021:240321.B.7ABR16.20.0 – entschieden:

Wird in einem Unternehmen mit mehreren Betrieben durch Abstimmung der Belegschaft nach § 3 Abs. 3 BetrVG die Wahl eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrats beschlossen, gilt diese Abstimmung nicht nur für die erste auf die Abstimmung folgende Betriebsratswahl. Ein Belegschaftsbeschluss nach § 3 Abs. 3 BetrVG ermöglicht vielmehr bis zu einer gegenteiligen Beschlussfassung der Arbeitnehmer (sog. „actus contrarius“) die Wahl eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrats.

(Leitsatz)

1. In einem Unternehmen mit mehreren Betrieben, in dem kein Betriebsrat und keine tarifliche Regelung nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a BetrVG besteht, kann nach § 3 Abs. 3 BetrVG durch einen Mehrheitsbeschluss der Arbeitnehmer, der keinen besonderen formellen Anforderungen unterliegt, bestimmt werden, dass ein unternehmenseinheitlicher Betriebsrat gewählt wird. Eine Abstimmung der Arbeitnehmer nach § 3 Abs. 3 BetrVG ermöglicht nicht nur für die nächste auf die Abstimmung folgende Wahl die Wahl eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrats, sondern entfaltet grundsätzlich Dauerwirkung, solange keine gegenteilige Beschlussfassung der Arbeitnehmer (sog. „actus contrarius“) vorliegt (Rn. 40 ff.).

2. Eine spätere Änderung der betrieblichen Strukturen innerhalb des Unternehmens hat nicht zur Folge, dass ein Beschluss der Arbeitnehmer über die Wahl eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrats nach § 3 Abs. 3 BetrVG seine Wirkung verliert, sofern sich die Betriebsstrukturen weiterhin in dem von § 3 Abs. 3 BetrVG festgelegten Rahmen halten, also in dem (einen) Unternehmen, für das der Beschluss gefasst wurde, noch mehrere Betriebe bestehen (Rn. 47 ff., Rn. 49). Hingegen verliert ein Belegschaftsbeschluss nach § 3 Abs. 3 BetrVG seine Wirkung, wenn im Zuge von Umstrukturierungen ein gemeinsamer Betrieb des an den Beschluss gebundenen Unternehmens mit einem anderen Unternehmen entsteht, so dass anschließend wieder nach den gesetzlichen Strukturen zu wählen ist (Rn. 56 ff.).

3. Nimmt ein Unternehmen, für das nach § 3 Abs. 3 BetrVG ein unternehmenseinheitlicher Betriebsrat gewählt wurde, im Zusammenhang mit einer Verschmelzung einen oder mehrere Betriebe auf, sind die aufgenommenen Betriebe künftig in die durch Belegschaftsbeschluss gewillkürte unternehmenseinheitliche Betriebsstruktur mit der Folge einbezogen, dass ein etwaiger in einem übernommenen Betrieb gebildeter Betriebsrat untergeht und dessen Belegschaft fortan von dem unternehmenseinheitlichen Betriebsrat des aufnehmenden Unternehmens repräsentiert wird. Das gilt unabhängig davon, ob der übernommene Betrieb identitätswahrend übergegangen ist oder in die betrieblichen Strukturen eingegliedert wurde (Rn. 50 ff.).

(Orientierungssätze)