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BAG: Jubiläumsgeld nach dem TVöD-AT – Beschäftigungszeit Berücksichtigung von Vorbeschäftigungszeiten in Überleitungsfällen

Das BAG hat mit Urteil vom 24. 2. 2021 – 10 AZR 108/19 – entschieden:

1. Die für einen Anspruch auf Jubiläumsgeld nach § 23 Abs. 2 Satz 1 TVöD-AT vorausgesetzte Beschäftigungszeit ist grundsätzlich nach § 34 Abs. 3 TVöD-AT zu bemessen. Für übergeleitete Beschäftigte gilt mit § 14 TVÜ-VKA eine abschließende Sonderregelung. Sie geht den Regelungen in § 34 Abs. 3 Satz 3 und 4 TVöD-AT vor, die nur für Neueinstellungen gelten (Rn. 16 f.).

2. Mit § 14 Abs. 1 TVÜ-VKA wird der Besitzstand zurückgelegter Zeiten gewahrt, der bis zum 30. September 2005 unter Geltung der ersetzten Tarifverträge erworben wurde. Für das Jubiläumsgeld nach § 23 Abs. 2 TVöD-AT ist § 14 Abs. 2 TVÜ-VKA die speziellere Regelung. Andere als die dort genannten Zeiten sind nicht anzurechnen (Rn. 18).

3. Nach § 14 Abs. 2 TVÜ-VKA sind Zeiten, die unter Geltung des ersetzten Tarifrechts zurückgelegt wurden, bei der Bemessung der sog. Jubiläumszeit iSv. § 23 Abs. 2 TVöD-AT zu berücksichtigen. Einzubeziehen sind nur die Zeiten, die nach dem Tarifrecht anerkannt waren, das im Zeitpunkt der Überleitung galt (Rn. 19 ff.).

4. Die Tarifvertragsparteien sind mittelbar an die Grundrechte gebunden. Freiheits- und Gleichheitsrechten kommt in Rechtsstreitigkeiten zwischen Privaten mittelbare Drittwirkung iSe. Ausstrahlungswirkung zu. Die Gerichte als staatliche Gewalt iSv. Art. 1 Abs. 3 GG müssen bei ihren Entscheidungen einerseits dieser Ausstrahlungswirkung genügen. Andererseits haben sie zu beachten, dass die Tarifvertragsparteien mit der durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifautonomie ebenfalls Grundrechtsschutz genießen. Diese besondere Form der Grundrechtskollision müssen die staatlichen Gerichte dadurch bewältigen, dass sie die durch Art. 9 Abs. 3 GG gewährleistete kollektive Koalitionsfreiheit mit den betroffenen Individualgrundrechten in einen angemessenen Ausgleich bringen (Rn. 26 ff.).

5. § 14 Abs. 2 TVÜ-VKA behandelt Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnisse aus dem BAT übergeleitet wurden, bei der Bemessung der sog. Jubiläumszeit ungleich gegenüber Arbeitnehmern, deren Arbeitsverhältnisse aus dem BAT-O übergingen. Zeiten der Beschäftigung bei einem anderen Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes sind nach §§ 20, 39 BAT zu berücksichtigen, während sie nach §§ 19, 39 BAT-O grundsätzlich ohne Bedeutung sind (Rn. 30).

6. Die Ungleichbehandlung durch § 14 Abs. 2 TVÜ-VKA ist aus Sicht des Senats gerechtfertigt. Mit der Wahrung des erworbenen Besitzstands verfolgen die Tarifvertragsparteien ein legitimes Ziel. Die Tarifnorm ist geeignet, dieses Ziel zu erreichen, sie ist erforderlich und angemessen. Die Erforderlichkeit kann nicht verneint werden, weil auch eine Regelung möglich gewesen wäre, die alle Zeiten einer früheren Beschäftigung im öffentlichen Dienst anrechnet (Rn. 31 ff.).

(Orientierungssätze)