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BAG: Korrigierende Rückgruppierung – Höhergruppierungsantrag

BAG, Urteil vom 13.12.2023 – 4 AZR 322/22; ECLI:DE:BAG:2023:131223.U.4AZR322.22.0

1. Die Überleitung von Beschäftigten in die Anlage 1 – Entgeltordnung (VKA) zum TVöD/VKA am 1. Januar 2017, deren Arbeitsverhältnis bereits vor deren Inkrafttreten bestand, erfolgte grundsätzlich ohne Überprüfung und Neufeststellung der Eingruppierung unter Beibehaltung der bisherigen Entgeltgruppe. Bei unveränderter Tätigkeit kommt eine Eingruppierung nach den §§ 12, 13 TVöD/VKA iVm. der neuen Entgeltordnung nur in Betracht, wenn sich auf Grundlage der neuen Entgeltordnung eine höhere als die bisherige Entgeltgruppe ergibt und die Beschäftigte bis zum 31. Dezember 2017 einen entsprechenden Antrag gestellt hat (Rn. 24 f.).

2. Eine Beschäftigte kann aufgrund der Mitteilung der von der Arbeitgeberin vorgenommenen Eingruppierung einen „begrenzten Vertrauensschutz“ in Anspruch nehmen. In dessen Umsetzung obliegt im Fall einer sog. korrigierenden Rückgruppierung der Arbeitgeberin in Eingruppierungsstreitigkeiten die Darlegungs- und Beweislast für die objektive Fehlerhaftigkeit der bisherigen von ihr vorgenommenen Eingruppierung, wenn sich eine Beschäftigte im Prozess auf die von der Arbeitgeberin zuvor als maßgebend mitgeteilte Entgeltgruppe stützt (Rn. 15).

3. Die Berufung der Arbeitgeberin auf die Fehlerhaftigkeit der bisherigen Eingruppierung einer Beschäftigten kann im Einzelfall gegen das Verbot widersprüchlichen Verhaltens („venire contra factum proprium“) als Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstoßen, wenn besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen. Das kann namentlich bei einer wiederholten korrigierenden Rückgruppierung der Fall sein (Rn. 16 ff.).

4. Erfolgt auf einen Höhergruppierungsantrag einer Arbeitnehmerin nach § 29b Abs. 1 TVÜ-VKA eine Zuordnung zu einer höheren Entgeltgruppe, ist dies eine erstmalige Eingruppierungsentscheidung nach einem neuen Tätigkeitsmerkmal der Anlage 1 – Entgeltordnung (VKA) zum TVöD/VKA. Will der Arbeitgeber diese zu einem späteren Zeitpunkt korrigieren, finden die Grundsätze der wiederholten korrigierenden Rückgruppierung ohne Hinzutreten weiterer besonderer Umstände hierauf keine Anwendung (Rn. 26 ff.).

5. Das Qualifizierungsmerkmal der Entgeltgruppe 9b Teil B Abschnitt XI – „Beschäftigte in Gesundheitsberufen“ – der Anlage 1 – Entgeltordnung (VKA) zum TVöD/VKA „Ergotherapie bei Patientinnen oder Patienten mit Demenz“ setzt eine ärztlich diagnostizierte Demenz im Behandlungszeitraum voraus (Rn. 35 ff.).

Eine von der Arbeitgeberin aufgrund eines Höhergruppierungsantrags nach § 29b Abs. 1 TVÜ-VKA vorgenommene Zuordnung der Tätigkeit zu einem neuen Tätigkeitsmerkmal der Anlage 1 – Entgeltordnung (VKA) zum TVöD/VKA kann nach den Grundsätzen zur korrigierenden Rückgruppierung berichtigt werden. Die auf einen solchen Antrag gestützte Zuordnung zu einer höheren Entgeltgruppe beruht nicht auf der Überprüfung und anschließenden Berichtigung einer nunmehr als fehlerhaft erkannten Zuordnung zu einer bestimmten Entgeltgruppe. Vielmehr handelt es sich um eine erstmalige Eingruppierungsentscheidung, auf die ohne das Hinzutreten besonderer Umstände die Grundsätze zur sog. wiederholten korrigierenden Rückgruppierung nicht angewendet werden können.

(Amtlicher Leitsatz)