© IMAGO / Panthermedia

BAG: Urlaubsabgeltung – Doppelarbeitsverhältnis – Anrechnung von Urlaub

BAG, Urteil vom 5.12.2023 – 9 AZR 230/22; ECLI:DE:BAG:2023:051223.U.9AZR230.22.0

1. Begründet ein Arbeitnehmer nach Kündigung seines ursprünglichen Arbeitsverhältnisses ein weiteres Arbeitsverhältnis, entstehen in beiden Arbeitsverhältnissen Urlaubsansprüche, wenn sich die Kündigung im Kündigungsschutzprozess als unwirksam erweist. Dies gilt unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer die Pflichten aus beiden Arbeitsverhältnissen hätte gleichzeitig erfüllen können (Rn. 15).

2. Um die Verdoppelung von Urlaubsansprüchen und die damit einhergehende Besserstellung des gekündigten Arbeitnehmers zu vermeiden, ist der vom neuen Arbeitgeber gewährte Urlaub in analoger Anwendung von § 11 Nr. 1 KSchG und § 615 Satz 2 BGB auf die Urlaubsansprüche gegen den ursprünglichen Arbeitgeber anzurechnen, wenn der Arbeitnehmer die Arbeitspflichten aus beiden Arbeitsverhältnissen nicht hätte kumulativ erfüllen können (Rn. 24).

3. Im Rahmen dieser Anrechnung muss gewährleistet sein, dass der Arbeitnehmer auch bei kalenderjahresübergreifenden Sachverhalten seinen gesetzlichen Mindesturlaub erhält. Deshalb kann der im neuen Arbeitsverhältnis erhaltene Urlaub nicht im Wege einer auf den Zeitraum, in dem beide Arbeitsverhältnisses bestanden, bezogenen Gesamtberechnung, sondern nur kalenderjahresbezogen auf die Urlaubsansprüche gegen den ursprünglichen Arbeitgeber angerechnet werden (Rn. 31 ff.).

(Orientierungssätze)

1. Geht ein Arbeitnehmer nach einer rechtswidrigen Kündigung einer anderen Beschäftigung nach, entstehen für den Zeitraum der zeitlichen Überschneidung beider Arbeitsverhältnisse auch dann ungeminderte Urlaubsansprüche sowohl gegenüber dem alten als auch gegenüber dem neuen Arbeitgeber, wenn der Arbeitnehmer die Pflichten aus beiden Arbeitsverhältnissen nicht hätte kumulativ erfüllen können.

2. In einem solchen Fall ist jedoch zur Vermeidung doppelter Urlaubsansprüche der Urlaub, den der Arbeitnehmer vom neuen Arbeitgeber erhalten hat, in entsprechender Anwendung von § 11 Nr. 1 KSchG und § 615 Satz 2 BGB auf den Urlaubs- bzw. Urlaubsabgeltungsanspruch gegen seinen alten Arbeitgeber anzurechnen. Die Anrechnung ist kalenderjahresbezogen vorzunehmen.

(Amtliche Leitsätze)