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BAG: Betriebliche Altersversorgung – Tarifvertrag – Nichtberücksichtigung von Beschäftigungszeiten bei der Bemessung der Ruhegeldhöhe

BAG, Urteil vom 10. Oktober 2023 – 3 AZR 312/22; ECLI:DE:BAG:2023:101023.U.3AZR312.22.0

1. Nach § 17 Abs. 3 BetrAVG in der bis zum 31. Dezember 2017 geltenden Fassung (aF, § 19 Abs. 1 BetrAVG in der seit dem 1. Januar 2018 geltenden Fassung) kann in Tarifverträgen von den Vorschriften zur Berechnung einer Versorgungsanwartschaft (§§ 2, 2a BetrAVG) abgewichen und ein anderer als der gesetzliche Berechnungsmodus festgelegt werden. Demgegenüber ist eine Abweichung von der Unverfallbarkeitsbestimmung in § 1b BetrAVG durch Tarifvertrag ausgeschlossen. Könnten die Tarifvertragsparteien über die Unverfallbarkeit der Höhe nach (§ 2 BetrAVG) gänzlich frei verfügen, bestünde die Gefahr, die nicht tarifdispositive Unverfallbarkeit auszuhöhlen. Diesem Wertungswiderspruch ist dadurch Rechnung zu tragen, dass die Tarifvertragsparteien den Wert der unverfallbaren Anwartschaft nicht in beliebiger Weise schmälern dürfen (Rn. 28).

2. Bei der Anwendung der Tariföffnungsklausel ist der Schutzzweck der – nicht tarifdispositiven – Regelung über die Unverfallbarkeit von Anwartschaften zu berücksichtigen und insbesondere sicherzustellen, dass ein Arbeitnehmer, dem eine betriebliche Altersversorgung zugesagt worden ist, bei vorzeitigem Ausscheiden keine Verluste erleidet, die ihn faktisch an einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses hindern (Rn. 28).

3. Eine Tarifregelung, die es dem Arbeitnehmer bei feststehendem Beendigungstermin und Bestehen eines Abfindungsanspruchs einseitig ermöglicht, das Arbeitsverhältnis unter Freistellung fortzuführen, bis die Arbeitgeberin für die Weiterzahlung der Bezüge einschließlich der von ihr zu tragenden Beiträge zur Sozialversicherung sowie Beiträgen oder Umlagen zu einer Zusatzversorgungseinrichtung den Abfindungsbetrag aufgebraucht hat, und die weiter bestimmt, dass dieser Verlängerungszeitraum bei der Bemessung der Anwartschaftshöhe nicht als ruhegehaltsfähige Beschäftigungszeit anzusetzen ist, ist von der Tariföffnungsklausel in § 17 Abs. 3 BetrAVG aF bzw. § 19 Abs. 1 BetrAVG gedeckt. Der von § 1b BetrAVG verfolgte Schutzzweck ist durch eine solche Regelung nicht betroffen (Rn. 29).

(Orientierungssätze)