5. Frankfurter Steuerkongress am 28.10.2020

Frau Marion Gertzen, Verlagsleiterin beim Deutschen Fachverlag, begrüßte die Teilnehmer und führte in die Rahmenbedingungen der Veranstaltung, insbesondere in die Hygieneregeln ein. Anschließend übergab sie das Wort an Dr. Stephan Schnorberger, der nach seiner Begrüßung der Teilnehmer vor Ort und der „Online-Teilnehmer“ das Tagungsprogramm sowie das Panel zum ersten Themenblock „Internationales Steuerrecht“ mit dem Schwerpunkt Quellensteuern auf Lizenzeinkünfte mit Inlandsbezug vorstellte. 

Internationales Steuerrecht

Frau Gertzen bei der Eröffnung
Frau Gertzen bei der Eröffnung

Dr. Stephan Schnorberger legte die Grundlage für den Themenblock, indem er zunächst in die maßgebende Rechtsgrundlage des nationalen Rechts, § 49 EStG, einführte. Für die Darstellung der praktischen Fälle übergab er das Wort an Dr. Thomas Schänzle, Baker McKenzie. Er führte aus, dass aufgrund von BEPS vor allem us-amerikanische Unternehmen Lizenzunternehmen umstrukturierten wegen der Vorschrift des § 49 I 2 lit. f EStG, die bisher kaum eine Rolle spielte. Er übergab das Wort an Dr. Michael Schwenke, Richter am Bundesfinanzhof, der den Anwendungsbereich der Norm für diese Konstellationen durchaus in Frage stellte. RD Dr. Daniel Fehling, Mitglied der Finanzverwaltung, bat um Geduld was die Meinung der Finanzverwaltung anging. Er berichtete über Abstimmungen die schon stattgefunden haben und noch weiter stattfinden werden. Aus Sicht von Prof. Dr. Guido Förster, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, erfasst der Anwendungsbereich der Norm durchaus diese Konstellationen. 

Panell Bank- und Finanzindustrie
Panell Bank- und Finanzindustrie

Bank und Finanzindustrie

Nach der Kaffeepause führte Dr. Stephan Georg Behnes, Baker McKenzie, in die Themen des zweiten Blocks, Bank und Finanzindustrie, ein. Torsten Sandkühler, Provinzial NordWest Holding Aktiengesellschaft, begann die Vorträge zum Thema Steuerbelastungsvergleich – praktische Aspekte bei der Beteiligung von Lebens- und Sachversicherern an (Spezial-) Investmentfonds. Dr. Christian Altvater, Deutsche Börse AG, befasste sich mit der Hybride Akquisitionsfinanzierung (“US Repo”), fußend auf dem Urteil des BFH vom 14.08.2019, I R 44/17 (veröffentlicht am 12.06.2020!, BFHE 267, 1 ff.). Er führte fort mit den aktuellen Entwicklungen zu hybriden Finanzierungen (outbound) und zum Korrespondenzprinzip nach ATAD II, DAC 6. Anpassung von Ergebnisabführungsverträgen an die CRR, deren Notwendigkeit sich aufgrund der VO (EU) 575/2013 (Capital Requirements Regulation – CRR) ergibt, war Thema von Dr. Alexander Mann, Hessische Finanzverwaltung. Außerdem ging er auf zwei Streitkomplexe, die „Strukturierte Wertpapierleihe“ und „Cum/Cum“ ein. Michael Swoboda, BNP Paribas S.A., referierte zum Thema Anzeigepflicht grenzüberschreitender Steuergestaltungen aus der Praxis einer Auslandsbank. Er ging dabei auf die gesonderte Betrachtung der Spezifika auf Business-Unit-Ebene wie Wealth Management, Verwahrstelle, Direktbank, Emissionshaus, Asset Management, Real Estate, Private Finance, Leasing, Versicherung, Factoring usw. ein. Ferner befasste er sich mit der Meldepflicht der deutschen Niederlassung einer französischen Muttergesellschaft. Dabei standen die Konstellationen Frankreich: keine Meldepflicht der Niederlassung/Betriebsstätte in Frankreich und Deutschland: keine Meldepflicht der Niederlassung/Betriebsstätte in Deutschland im Vordergrund. Daraus entwickelte sich die Frage, wie mit diesen rechtlichen Unsicherheiten umzugehen sei. Auch die Einkünfteumwandlung nach § 138e Abs. 1 Nr. 3 b) AO und § 138e Abs. 2 Nr. 2 AO war Gegenstand der Betrachtung. Erfasst wird danach „ die Übertragung eines Finanzkontos oder von Vermögenswerten in ein Steuerhoheitsgebiet, das nicht an den automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten nach dem gemeinsamen Meldestandard mit dem Steuerhoheitsgebiet, in dem der Nutzer ansässig ist teilnimmt. Am Fall der Wertpapierleihe entstand auf dem Panel eine lebhafte Diskussion mit durchaus kontroversen Sichtweisen. 

Das Auditorium
Das Auditorium

Themenkomplex Umsatzsteuer

Nach der Mittagspause wurde die Veranstaltung von Ariane Schaaf, Baker McKenzie, mit dem Themenkomplex Umsatzsteuer fortgesetzt. Jochen Meyer-Burow, Baker McKenzie, referierte in seinem Vortrag über vier aktuelle Schwerpunkte. Zunächst stellte er die Geänderten Anforderungen bei der innergemeinschaftlichen Lieferung durch das BMF dar. Er ging dabei insbesondere auf die Bedeutung der ZM und UST ID für die Steuerbefreiung der innergemeinschaftlichen Lieferung mit konkretem Bezug auf die sog. „Quick Fixes“ des JStG 2019. Anschließend ging er auf die rückwirkende Korrektur von Rechnungen orientiert an der Rechtsprechung des BFH der letzten Jahre ein. Die aktuelle Senkung des Mehrwertsteuersatzes von 19 % auf 16 % war auch Gegenstand der Betrachtung. Hier insbesondere vor dem Hintergrund von Dauerschuldverhältnissen. Mit dem E-Commerce Paket 2 (ab 1.7.21), welches Regelungen zur Vereinfachung von Fernverkäufen und zur Sicherstellung der Besteuerung bei online-Marktplätzen enthält endete er seinen Vortrag. Dr. Christoph Wäger, Richter am Bundesfinanzhof, referierte in seinem Vortrag in nicht dienstlicher Eigenschaft über „Aktuelles aus der Rechtsprechung zur Umsatzsteuer“. Zunächst ging er auf die Entnahmebesteuerung, Verwendungsentnahme und anderweitige Dienstleistungs-Entnahme ein. Dabei stellte er die Rechtssache C-269/20, Finanzamt T aufgrund der Vorlage des BFH v. 7.5.2020, V R 40/19, BB 2020, 1419 ff., dar und arbeitete eine mögliche Lösung durch den EuGH heraus. Anschließend stellte er die zwei neuen Vorlagen des BFH an den EuGH zum Thema umsatzsteuerliche Organschaft dar. Prof. Dr. David Hummel, Europäischer Gerichtshof, Luxemburg begann seinen Vortrag mit dem Vorsteuerabzug ohne Rechnung, d. h. welche Bedeutung hat die Rechnung für den Vorsteuerabzug, basierend auf dem EuGH-Urteil vom 30. Mai 2018, C-664/16, BB 2018, 2901 [Ls.] – Vădan. Er arbeitete heraus, dass die Rechnung durchaus weiterhin eine wesentliche Voraussetzung für den Vorsteuerabzug ist. Er erläuterte zudem wie die Urteile des EuGH zu lesen und zu verstehen sind. 

Panell Konzern- und Unternehmensrecht
Panell Konzern- und Unternehmensrecht

Konzern- und Unternehmensrecht

Den letzten Block bildeten Fragen zum Konzern- und Unternehmensrecht. Christoph Becker von Baker McKenzie führte in das Thema ein. Dr. Michael Schwenke, Richter am Bundesfinanzhof, referierte zur aktuellen Rechtsprechung des BFH zum Unternehmenssteuerrecht. Der erste Schwerpunkt befasste sich mit § 42 AO. Dabei führte er aus, dass aus Sicht des BFH, Urteil v. 14.8.2019, I R 44/17, die Erzielung von Steuervorteilen im Ausland keine für § 42 AO relevante Steuerminderung ist. Aus seiner Sicht ist § 42 AO auf Gestaltungen im Inland zu beziehen und keine Ausdehnung auf Auslandssachverhalt geboten. Dies stieß auf Bedenken bei Dr. Alexander Mann, der aus Sicht der Finanzverwaltung erörterte, dass der Steuervorteil aus der Kombination der deutschen und amerikanischen Struktur zu sehen sei und insoweit durchaus ein Inlandsbezug des Steuervorteils zumindest mittelbar vorläge. Auch Prof. Dr. Philipp Lamprecht, Goethe-Universität Frankfurt am Main, sah dies ähnlich, mit anderer Begründung. Er stellte auf die ATAD-Richtlinie ab und folgerte, dass § 42 AO richtlinienkonform auszulegen sei. Dr. Michael Schwenke gab aber zu bedenken, dass die Richtlinie nicht direkt anwendbar sei. Die Verteilungsnormen im DBA waren der zweite Schwerpunkt von Dr. Michael Schwenke. Im Kern geht es darum, ob Betriebsstättenverluste zu einem unbegrenzten Verlustvortrag führen. Dr. Alexander Mann berichtete über aktuelle Entwicklungen aus Gesetzgebung und Verwaltung. Er ging dabei geplante gesetzliche Vorhaben wie das JStG 2020, das ATAD-UmsG, KöModG und das AbzStEntlModG ein. Aus Sicht der Verwaltung hob er die Themen Verluste, Organschaft, Umwandlungssteuer und Einlagenrückgewähr bei Drittstaatengesellschaften hervor. Prof. Dr. Philipp Lamprecht stellte die Option der Personengesellschaft zur Besteuerung nach dem KStG – eine lohnenswerte Option vor. Er stellt die Historie dar, dass dieses Optionsmodell bereits im StSenkG-E 2000 einmal geplant war aber politisch nicht durchsetzbar war. Er ging auf die Technik der Umsetzung ebenso ein, als auch auf die Grundfrage ob diese Option überhaupt attraktiv sei. 

Christoph Becker fasste in seinem Schlusswort den interessanten Tag noch einmal zusammen und wünschte den Teilnehmern einen guten Heimweg. 

RA StB Prof. Dr. Michael Stahlschmidt, Frankfurt a.M./Medebach, Ressortleiter Steuerrecht Betriebsberater