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EuGH: DSGVO-konforme Pflicht der Fahrzeughersteller zur Bereitstellung der FIN an unabhängige Wirtschaftsakteure

EuGH, Urteil vom 9.11.2023 – C-319/22

1. Art. 61 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung (EU) 2018/858 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2018 über die Genehmigung und die Marktüberwachung von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern sowie von Systemen, Bauteilen und selbstständigen technischen Einheiten für diese Fahrzeuge, zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 715/2007 und (EG) Nr. 595/2009 und zur Aufhebung der Richtlinie 2007/46/EG ist wie folgt auszulegen:

Die Verpflichtung, die in diesem Absatz genannten Angaben leicht zugänglich in Form von maschinenlesbaren und elektronisch verarbeitbaren Datensätzen darzubieten, gilt für alle „Reparatur- und Wartungsinformationen“ im Sinne von Art. 3 Nr. 48 der Verordnung und nicht nur für Ersatzteilinformationen nach Anhang X Nr. 6.1 der Verordnung.

2. Art. 61 Abs. 1 Satz 2 und Art. 61 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung 2018/858 sind wie folgt auszulegen:

–           Die Fahrzeughersteller sind nicht verpflichtet, Fahrzeugreparatur- und Wartungsinformationen über eine Datenbankschnittstelle zugänglich zu machen, die eine maschinengesteuerte Abfrage und den Download der Ergebnisse ermöglicht. Sie sind jedoch verpflichtet, diese Informationen unabhängigen Wirtschaftsakteuren in Dateien bereitzustellen, deren Format der unmittelbaren elektronischen Weiterverarbeitung der in diesen Dateien enthaltenen Datensätze dient.

–           Die Fahrzeughersteller sind in Verbindung mit Art. 61 Abs. 4 und Anhang X Nr. 6.1 Abs. 3 der Verordnung verpflichtet, eine Datenbank einzurichten, die ermöglicht, nicht nur anhand der Fahrzeug‑Identifizierungsnummer (FIN), sondern auch anhand zusätzlicher in der letztgenannten Bestimmung vorgesehenen Merkmale nach allen Teilen zu suchen, mit denen das Fahrzeug vom Hersteller ausgerüstet ist.

3. Art. 61 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 61 Abs. 4 und Anhang X Nr. 6.1 der Verordnung 2018/858 ist wie folgt auszulegen:

Er begründet für die Fahrzeughersteller eine „rechtliche Verpflichtung“ im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung), die FIN der von ihnen hergestellten Fahrzeuge unabhängigen Wirtschaftsakteuren als „Verantwortlichen“ im Sinne von Art. 4 Nr. 7 der Verordnung bereitzustellen.

(Tenor)