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BAG: Betrieblicher Datenschutzbeauftragter – Abberufung – Inkompatibilität mit Betriebsratsvorsitz

BAG, Urteil vom 6.6.2023 – 9 AZR 383/19

ECLI:DE:BAG:2023:060623.U.9AZR383.19.0

1. Fehlt es an der Zuverlässigkeit der zum Datenschutzbeauftragten bestellten Person iSv. § 4f Abs. 2 Satz 1 BDSG aF, führt dies idR nicht zur Nichtigkeit der Bestellung (Rn. 13).

2. Ist der Betriebsratsvorsitzende der verantwortlichen Stelle zugleich Datenschutzbeauftragter, besteht ein unauflösbarer Interessenkonflikt, der nach § 4f Abs. 3 Satz 4 BDSG aF iVm. § 626 Abs. 1 BGB zum Widerruf der Bestellung zum Beauftragten für den Datenschutz berechtigt (Rn. 16).

3. Die funktionelle Unabhängigkeit des Datenschutzbeauftragten ist nicht gewährleistet, wenn er bei der Erfüllung weiterer, zusätzlich zu seinem Amt als Datenschutzbeauftragter bestehender Aufgaben und Pflichten gestaltenden Einfluss auf die Datenverarbeitung in der verantwortlichen Stelle hat. Dies ist dann der Fall, wenn er innerhalb der verantwortlichen Stelle eine Position bekleidet, die eine Festlegung von Zwecken und Mitteln der Verarbeitung personenbezogener Daten zum Gegenstand hat (Rn. 22 f.).

4. Der Betriebsrat legt als Gremium die Zwecke und Mittel der Verarbeitung personenbezogener Daten fest (Rn. 27 ff.). Der Betriebsratsvorsitzende vertritt die Interessen des Betriebsrats nach außen. In dieser Funktion ist die erforderliche Neutralität und Distanz zu der Aufgabe des Datenschutzbeauftragten, datenschutzrechtlich zu überprüfen, ob der Arbeitgeber Forderungen des Betriebsrats befolgen darf, nicht hinreichend gewährleistet (Rn. 38).

(Orientierungssätze)

Die Pflichten eines Datenschutzbeauftragten sind mit denen eines Betriebsratsvorsitzenden nicht zu vereinbaren. Der bei gleichzeitiger Wahrnehmung beider Funktionen bestehende Interessenkonflikt rechtfertigt es, die Bestellung des Betriebsratsvorsitzenden zum Datenschutzbeauftragten zu widerrufen.

(Amtlicher Leitsatz)