BGH, Urteil vom 10.7.2023 – VIa ZR 1119/22
a) Die Sonderpflicht, für ein Kraftfahrzeug eine mit den gesetzlichen Vorgaben konvergierende Übereinstimmungsbescheinigung auszugeben, trifft den Fahrzeughersteller, nicht den Motorhersteller. Der Motorhersteller kann, weil er die Übereinstimmungsbescheinigung nicht ausgibt, weder Mittäter einer diese Sonderpflicht verletzenden Vorsatztat des Fahrzeugherstellers noch mittelbarer (Vorsatz-)Täter hinter dem (gegebenenfalls fahrlässig handelnden) Fahrzeughersteller sein (Anschluss an BGH, Urteil vom 26. Oktober 2004 – XI ZR 279/03, NJW-RR 2005, 556, 557 [BB 2005, 126]).
b) Voraussetzung einer Haftung des Motorherstellers als Gehilfe des Fahrzeugherstellers nach § 823 Abs. 2, § 830 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV ist, dass der Motorhersteller mit doppeltem Vorsatz hinsichtlich der fremden rechtswidrigen Tat und der eigenen Unterstützungsleistung gehandelt hat. Bedingung einer Beteiligung ist weiter eine Vorsatztat des Fahrzeugherstellers. Die vorsätzliche Förderung einer fahrlässigen Tat erfüllt die Voraussetzungen des § 830 Abs. 2 BGB nicht (Anschluss an BGH, Urteil vom 29. Mai 1964 – Ib ZR 4/63, BGHZ 42, 118, 122; Urteil vom 30. Januar 1967 – III ZR 185/64, VersR 1967, 471; Urteil vom 8. Februar 2018 – IX ZR 103/17, NJW 2018, 2404 Rn. 66 [BB 2018, 2060], insoweit nicht abgedruckt in BGHZ 217, 300).
c) Anders als im Verhältnis zum Fahrzeughersteller bleibt es im Verhältnis zum vom Fahrzeughersteller verschiedenen Motorhersteller bei dem allgemeinen Grundsatz, dass hinsichtlich der Schuldhaftigkeit des Verstoßes des Fahrzeugherstellers gegen § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV als anspruchsbegründender Voraussetzung einer Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB den Anspruchsteller die Darlegungs- und Beweislast trifft (Fortführung von BGH, Urteil vom 26. Juni 2023 – VIa ZR 335/21, juris Rn. 59 f. [BB 2023, 1737], zur Veröffentlichung bestimmt in BGHZ).
(Amtliche Leitsätze)
Vgl. zu den Dieselverfahren auch insgesamt Müller, BB 2023, 1795.