LAG Thüringen, Beschluss vom 3.4.2023 – 4 Ta 33/23
1. Wegen Mutwilligkeit i.S.v. § 114 Abs. 2 ZPO kann Prozesskostenhilfe insgesamt abgelehnt werden, nicht aber bei grundsätzlicher Bewilligung allein die Beiordnung eines*r Prozessbevollmächtigten. (Rn. 13)
2. In Nichtanwaltsprozessen richtet sich die Beiordnung eines*r Prozessbevollmächtigten bei grundsätzlich bewilligter Prozesskostenhilfe allein nach § 121 Abs. 2 ZPO und damit nach dem Kriterium der Erforderlichkeit der Beiordnung. (Rn. 9)
3. Die Frage der Erforderlichkeit darf nicht ausschließlich auf eine Beurteilung des Verhältnisses von Streitwert und Kostenrisiko reduziert werden (BVerfG 24.3.2011 – 1 BvR 1737/10, NJW 2011, 2039). (Rn. 11)
4. Im Rahmen der Erforderlichkeit spielt auch eine Rolle, ob ein*e Selbstzahler*in vernünftigerweise eine*n Prozessbevollmächtigte*n beauftragt hätte (BVerfG 18.12.2001 – 1 BvR 391/01, NZS 2002, 420). Dabei ist von einem*r Selbstzahler*in auszugehen, der*die (ggf. unvernünftigerweise) die Rechtsverfolgung trotz Missverhältnisses von Streitwert und Kostenrisiko aufgenommen hätte. (Rn. 12)
5. Eine Partei, welche (ggf. unvernünftigerweise) eine Rechtsverfolgung trotz Missverhältnis von Streitwert und Kostenrisiko aufnimmt, wird vernünftigerweise versuchen, diese erfolgreich zu gestalten und bei nicht trivialen Prozesssituationen (hier: Drittschuldnerklage) eine*n Prozessbevollmächtigte*n hinzuziehen. (Rn. 14)
6. In Fällen wie in den Leitsätzen 4 und 5 beschrieben kann ggf. Prozesskostenhilfe wegen Mutwilligkeit versagt werden, nicht aber bewilligt und die Beiordnung eines*r Prozessbevollmächtigten deshalb abgelehnt werden. (Rn. 15).
(Leitsätze)
Volltext: BB-Online BBL2023-1332-3