BAG, Urteil vom 20.12.2022 – 9 AZR 266/20
1. Nimmt der Arbeitnehmer den Arbeitgeber auf Abgeltung von Teilurlaub in Anspruch, der aus mehreren Kalenderjahren stammt, obliegt es ihm klarzustellen, wie viele Urlaubstage aus welchem Urlaubsjahr den Gegenstand seines Zahlungsbegehrens bilden. Andernfalls genügt die Klage grundsätzlich nicht den Bestimmtheitserfordernissen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO (Rn. 11).
2. Eine Ausnahme bildet die sog. „abschließende Gesamtklage“. Erklärt der Kläger, die Klageforderung habe abschließenden Charakter, macht er weder eine Forderung teilweise noch Teile mehrerer Forderungen, sondern diese sämtlich und in voller Höhe geltend. In einem solchen Falle ist der Gegenstand der Klage hinreichend bestimmt (Rn. 12).
3. Der Anspruch des Arbeitnehmers auf den gesetzlichen Mindesturlaub unterliegt gemäß § 194 Abs. 1 BGB der Verjährung (Rn. 39).
4. Bei der gebotenen unionsrechtskonformen Auslegung der § 199 Abs. 1 BGB, §§ 1, 3 Abs. 1, § 7 Abs. 1 und Abs. 3 BUrlG beginnt die Verjährung allerdings nicht zwangs läufig mit dem Schluss des Jahres, in dem der Urlaubsanspruch entstanden ist und der Arbeitnehmer über die in § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB beschriebene Kenntnis verfügt. Zusätzlich ist erforderlich, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer in die Lage versetzt hat, seinen Urlaubsanspruch tatsächlich wahrzunehmen. Die Vorgaben des Unionsrechts, die der EuGH in seiner Entscheidung vom 22. September 2022 (- C-120/21 -) präzisiert hat, bedingen einen „anderen Verjährungsbeginn“ iSd. § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB (Rn. 42 ff.).
5. Haben die Parteien hinsichtlich des Mehrurlaubs weder die Initiativlast des Arbeitgebers noch die Mitwirkungsobliegenheiten abweichend von den gesetzlichen Bestimmungen ausgestaltet, finden diese Grundsätze auch auf den vertraglichen Mehrurlaub Anwendung (Rn. 50).
(Orientierungssätze)
1. Der Anspruch des Arbeitnehmers auf den gesetzlichen Mindesturlaub unterliegt gemäß § 194 Abs. 1 BGB der Verjährung.
2. Bei der gebotenen unionsrechtskonformen Auslegung der § 199 Abs. 1 BGB, §§ 1, 3 Abs. 1, § 7 Abs. 1 und Abs. 3 BUrlG beginnt die Verjährung allerdings nicht zwangsläufig mit dem Schluss des Jahres, in dem der Urlaubsanspruch entstanden ist und der Arbeitnehmer über die in § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB beschriebene Kenntnis verfügt. Zusätzlich ist erforderlich, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer in die Lage versetzt hat, seinen Urlaubsanspruch tatsächlich wahrzunehmen. Die Vorgaben des Unionsrechts, die der EuGH in seiner Entscheidung vom 22. September 2022 (- C-120/21 -) präzisiert hat, bedingen einen „anderen Verjährungsbeginn“ iSd. § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB.
(Amtliche Leitsätze)