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EuGH: Betrügerische Verschleierung der geschuldeten Steuer, Einschränkungen des Grundsatzes ne bis in idem

Der EuGH hat mit Urteil vom 5.5.2022 – C-570/20 – entschieden: Das in Art. 50 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verbürgte Grundrecht ist in Verbindung mit Art. 52 Abs. 1 der Charta dahin auszulegen, dass

– es ihm nicht zuwiderläuft, wenn die Kumulierung von Verfolgungsmaßnahmen und Sanktionen strafrechtlicher Natur, die in einer nationalen Regelung für den Fall von betrügerischen Verschleierungen oder unvollständigen Erklärungen im Bereich der Mehrwertsteuer vorgesehen ist, nur dadurch auf besonders schwere Fälle beschränkt wird, dass die gesetzlichen Bestimmungen, die die Voraussetzungen für diese Kumulierung festlegen, nach gefestigter Rechtsprechung eng ausgelegt werden, vorausgesetzt, dass zum Zeitpunkt der Tatbegehung hinreichend vorhersehbar ist, dass die Tat zu einer Kumulierung von Verfolgungsmaßnahmen und Sanktionen strafrechtlicher Natur führen kann; aber dass

– es einer nationalen Regelung entgegensteht, die nicht durch klare und präzise Regeln, gegebenenfalls in ihrer Auslegung durch die nationalen Gerichte, gewährleistet, dass im Fall der Kumulierung einer finanziellen Sanktion und einer Freiheitsstrafe die verhängten Sanktionen insgesamt nicht außer Verhältnis zur Schwere der festgestellten Tat stehen.