Das BAG hat mit Urteil vom 15.7.2021 – 6 AZR 207/20 – wie folgt entschieden:
1. a) Durch ein Rechtsmittel wird die Rechtskraft des gesamten angegriffenen Urteils grundsätzlich auch dann gehemmt, wenn – nach unbeschränkter Einlegung des Rechtsmittels – die Rechtsmittelbegründung einen die Beschwer des Rechtsmittelklägers nicht vollständig ausschöpfenden, dh. beschränkten Antrag enthält. Das gilt selbst dann, wenn von mehreren prozessualen Ansprüchen (Streitgegenständen) einige nicht angefochten werden oder mangels Beschwer der obsiegenden Partei von dieser nicht angegriffen werden können (Rn. 22).
1. b) Eine Rechtskraft des nicht angegriffenen Teils des Urteils tritt außer im Fall eines Rechtsmittelverzichts erst dann ein, wenn dieser weder durch Erweiterung der Rechtsmittelanträge noch durch ein Anschlussrechtsmittel in das Rechtsmittelverfahren eingeführt und damit im Rechtsmittelzug unter keinen Umständen mehr geändert werden kann (Rn. 22).
2. Legt der Arbeitnehmer unter Nutzung der dafür zur Verfügung stehenden Umkleidemöglichkeit verpflichtend zu tragende Dienstkleidung im Betrieb an, begründet allein der Umstand, dass der Zeitaufwand auf der Weisung des Arbeitgebers zum Tragen einer bestimmten Kleidung beruht, den ausschließlich fremdnützigen Charakter dieser Tätigkeit. Die hierfür aufgewandte Zeit ist vom Arbeitgeber daher auch dann zu vergüten, wenn die Dienstkleidung nicht besonders auffällig ist bzw. der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Entscheidung überlässt, ob er sich zu Hause oder im Betrieb umkleidet (Rn. 31).
3. Für eine andere als die eigentliche Tätigkeit – zB für das Umkleiden – kann durch Arbeits- oder Tarifvertrag eine gesonderte Vergütungsregelung getroffen bzw. eine gesonderte Vergütung in den Grenzen des MiLoG gänzlich ausgeschlossen werden. Gleiches kann durch Betriebsvereinbarung geschehen, sofern die Binnenschranken der Betriebsverfassung beachtet werden (Rn. 40).
4. Der Ausschluss einer gesonderten Vergütung für solche Tätigkeiten in einem Tarifvertrag setzt einen entsprechenden übereinstimmenden Regelungswillen der Tarifvertragsparteien voraus, der sich dem Tarifvertrag – jedenfalls im Wege der Auslegung – entnehmen lassen muss (Rn. 40).
5. Die Regelungen des Zub-TV schließen eine gesonderte Vergütungspflicht für Umkleidezeiten im Betrieb nicht aus. Ihnen lässt sich ein solcher Regelungswille nicht mit der erforderlichen Gewissheit entnehmen (Rn. 41).
6. Eine Schätzung durch das Gericht setzt voraus (§ 287 Abs. 2 iVm. Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 ZPO), dass die vollständige Aufklärung aller für die streitige Höhe einer Forderung maßgebenden Umstände entweder unmöglich oder mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teils der Forderung in keinem Verhältnis stehen (Rn. 48; im vorliegenden Fall aufgrund der Möglichkeit der Einvernahme eines angebotenen Zeugen verneint).