Das BAG hat mit Beschluss vom 30.6.2021 – 7 ABR 24/20 – wie folgt entschieden:
1. Die Rechtsmittelbefugnis im Beschlussverfahren folgt der Beteiligungsbefugnis. Ist das Amt eines an einem Beschlussverfahren beteiligten Betriebsrats erloschen, ohne dass ein neuer Betriebsrat gewählt wurde, endet damit dessen Beteiligtenfähigkeit. Ein von ihm eingelegtes Rechtsmittel wird unzulässig (Rn. 16 f.).
2. Die Rechtsmittelbefugnis entfällt nicht mit dem Rücktritt des gesamten Betriebsrats. Nach § 22 BetrVG führt der Betriebsrat im Falle seines Rücktritts gemäß § 13 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG die Geschäfte weiter, bis der neue Betriebsrat gewählt und das Wahlergebnis bekanntgegeben ist. Die Geschäftsführungsbefugnis besteht auch dann fort, wenn nach dem Erlöschen der Mitgliedschaft der anderen Mitglieder nur noch ein Betriebsratsmitglied im Amt ist. Die Inanspruchnahme von Elternzeit führt nicht zum Verlust des Betriebsratsamts (Rn. 22).
3. Voraussetzung für die Nichtigkeit einer Betriebsratswahl ist ein so eklatanter Verstoß gegen fundamentale Wahlgrundsätze, dass auch der Anschein einer dem Gesetz entsprechenden Wahl nicht mehr besteht. Wegen der weitreichenden Folgen einer von Anfang an unwirksamen Betriebsratswahl kann deren jederzeit feststellbare Nichtigkeit nur bei besonders gravierenden und krassen Wahlverstößen angenommen werden. Es muss sich um einen offensichtlichen und besonders groben Verstoß gegen Wahlvorschriften handeln, so dass ein Vertrauensschutz in die Gültigkeit der Wahl zu versagen ist (Rn. 28).
4. Die Nichtzulassung von wahlberechtigten Arbeitnehmern berechtigt als Verstoß gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht im Sinne des § 7 BetrVG zwar grundsätzlich zur Anfechtung der Wahl, sie ist aber regelmäßig nicht geeignet, die Nichtigkeit der Betriebsratswahl zu begründen (Rn. 33 f.).
5. Maßgeblich für die Beurteilung der Offenkundigkeit eines Verstoßes gegen wesentliche Wahlvorschriften ist der Standpunkt eines mit den betrieblichen Verhältnissen vertrauten Dritten. Die Nichtigkeit der Betriebsratswahl kann daher nicht auf Umstände gestützt werden, die nur für die Mitglieder des Wahlvorstands erkennbar sind (Rn. 36).
6. Der Befugnis des Arbeitgebers zur Anfechtung einer im Jahr 2018 durchgeführten Wahl kann § 19 Abs. 3 Satz 3 BetrVG in der ab dem 18. Juni 2021 geltenden Fassung nicht entgegenstehen. Nach dieser Regelung ist die Anfechtung einer Betriebsratswahl durch den Arbeitgeber ausgeschlossen, soweit sie darauf gestützt wird, dass die Wählerliste unrichtig ist und wenn diese Unrichtigkeit auf seinen Angaben beruht. Die Vorschrift erfasst die Anfechtung einer Wahl, die vor dem Inkrafttreten der Norm stattgefunden hat, nicht (Rn. 46).
(Orientierungssätze)