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Hessisches LAG: Kinder-Zuschlag auf die Abfindung darf nicht ausschließlich an steuerlichen Kinderfreibetrag geknüpft werden

Das Hessische LAG hat mit Urteil vom 28.10.2020 – 18 Sa 22/20 – entschieden:

Nach der Regelung  in  dem  Sozialplan  aus dem Jahr 2018 sollten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer pro Kind eine um 5.000,00 e höhere Abfindung erhalten, wenn dieses „auf der Lohnsteuerkarte eingetragen“ war. Das Berufungsgericht hat festgestellt, die Formulierung sei so zu verstehen, dass bei den Eltern ein Kinderfreibetrag als Lohnsteuerabzugsmerkmal (ELStAM) gespeichert sein müsse. Schon seit 2014 werden keine Lohnsteuerkarten mehr verwendet; bis dahin seien Kinderfreibeträge dort eingetragen worden.

Das Gericht hat durch Urteil vom 28. 10. 2020 entschieden, dass die Sozialplan-Regelung unwirksam ist, weil sie Frauen mittelbar benachteiligt.

Bei allen Personen, welche die Lohnsteuerklasse V gewählt haben, kann ein Kinderfreibetrag nach dem Einkommenssteuergesetz (§§ 38b Abs. 2, 39 Abs. 4 Nr. 2 EStG) als Lohnsteuerabzugsmerkmal nicht berücksichtigt werden. Nach der Regelung des Sozialplans sollte ausschließlich über den Freibetrag nachgewiesen werden können, dass eine Unterhaltspflicht für ein Kind bestand. Damit waren Eltern mit der Lohnsteuerklasse V von einem Abfindungszuschlag generell ausgeschlossen. Die Lohnsteuerklasse V wird noch immer überwiegend von Frauen gewählt, deren Ehepartner einen höheren Arbeitsverdienst erzielt.

Die Arbeitgeberin wurde verurteilt, der Klägerin, einer Mutter von zwei kleinen Kindern mit Lohnsteuerklasse V, die Kinder-Zuschläge zur Abfindung zu zahlen. Sie habe wegen der mittelbaren Benachteiligung durch den Sozialplan denselben Anspruch wie die übrigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit unterhaltsberechtigten Kindern.

Die Entscheidung ist rechtskräftig. Eine Revision zum Bundesarbeitsgericht (BAG) ist nicht eingelegt worden.

(Pressemitteilung Nr. 01/2021 vom 1.2.2021)

Volltext: BB-ONLINE BBL2021-819-3