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BAG: Eingruppierung einer Lehrerin – Antragserfordernis für eine Höhergruppierung

– Gebot der Bestimmtheit und Normenklarheit – Vereinbarkeit eines Höhergruppierungsantrags mit dem allgemeinen Gleichheitssatz

BAG, Urteil vom 26. Februar 2025 – 4 AZR 62/24

  1. Tarifvertragliche Regelungen unterliegen dem Gebot der Bestimmtheit und Normenklarheit. Den sich hieraus ergebenden Anforderungen, die auch für tarifvertragliche Verweisungsketten gelten, wird genügt, wenn der Regelungsgehalt einer Tarifnorm im Wege der Auslegung mit herkömmlichen juristischen Methoden ermittelbar ist. Soweit das Bundesverfassungsgericht hinsichtlich der Normenklarheit für Grundrechtseinschränkungen, die ohne Wissen der Bürgerinnen und Bürger und oft ohne die Erreichbarkeit gerichtlicher Kontrolle durch die Verwaltung, durch Polizei und Nachrichtendienste erfolgten, strengere Anforderungen aufgestellt hat, sind diese nicht übertragbar (Rn. 41 f.).
  2. Die Überleitung von Lehrkräften, die im Land Berlin bereits vor dem 1. August 2019
    aufgrund ihrer Tätigkeit an einer Grundschule oder an einer anderen Schule im Grundschulteil
    nach den bis zu diesem Datum geltenden Tarifbestimmungen eingruppiert
    waren, erfolgte nach Absatz 2a der Protokollerklärung Nr. 12 zu Abschnitt 2 EntgO-L.
    Das sich danach für eine Höhergruppierung bei unveränderter Tätigkeit aus der
    Verweisung auf § 29a Abs. 7 TVÜ-Länder idF von § 11 TV EntgO-L ergebende fristgebundene
    Antragserfordernis genügt den Anforderungen an die Bestimmtheit und
    Normenklarheit (Rn. 29, 43 ff.).
  3. Die tarifliche Normierung von Tätigkeitsmerkmalen zur Festlegung des Entgeltanspruchs
    unterfällt dem Kernbereich der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen. Entsprechende
    Tarifbestimmungen unterliegen aufgrund der unmittelbaren Bindung der Tarifvertragsparteien
    an den allgemeinen Gleichheitssatz zwar einer gerichtlichen Kontrolle
    nach Art. 3 Abs. 1 GG, jedoch ist diese hier, sofern spezifische Schutzbedarfe oder
    Anhaltspunkte für eine Vernachlässigung von Minderheitsinteressen nicht erkennbar
    sind, auf eine Willkürkontrolle beschränkt (Rn. 50, 52, 55).
  4. Das fristgebundene Erfordernis eines Höhergruppierungsantrags für Lehrkräfte im
    Land Berlin (OS 2) ist mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar.
    Zwar besteht dieses nicht für Lehrkräfte, die nach dem 31. Juli 2019 eingestellt
    wurden, jedoch sind diese mit den überzuleitenden Lehrkräften nicht vergleichbar.
    Die Befristung der Antragsmöglichkeit dient der Schaffung von Rechtssicherheit
    (Rn. 55 ff.).

(Orientierungssätze)