© IMAGO / Peter Schickert

OLG Düsseldorf: EuGH-Vorlage – einseitiges Änderungsrecht in AGB von Telekommunikationsdienstleistern

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 26.9.2024 – I-20 U 35/24

Der 20. Zivilsenat des OLG Düsseldorf hat am 26.9.2024 ein Berufungsverfahren des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände – Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. („Kläger“) gegen einen großen Telekommunikationsanbieter („Beklagte“) zur Durchführung eines Vorabentscheidungsverfahrens vor dem EuGH ausgesetzt.

Gegenstand der Berufung ist eine Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen („AGB“) der Beklagten. Hierin behält sie sich vor, die Vertragsbedingungen nach billigem Ermessen einseitig zu ändern.

Der Kläger beantragt – auch in zweiter Instanz –, der Beklagten aufzugeben, gegenüber Verbrauchern in Bezug auf Verträge über Telekommunikationsdienstleistungen die Verwendung dieser oder einer dieser inhaltsgleichen Klausel in AGB zu unterlassen. Er vertritt die Auffassung, ein solcher einseitiger Änderungsvorbehalt verstoße gegen geltendes AGB-Recht, weil er Verbraucher unangemessen benachteilige.

Die Beklagte rechtfertigt ihre AGB mit dem Wortlaut des § 57 Abs. 1 S. 1 TKG, der – nach Lesart der Beklagten – Anbietern das Recht einräume, in AGB ein Änderungsrecht vorzusehen. Die angegriffene AGB-Klausel wiederhole lediglich den Wortlaut des Gesetzes.

Der Senat führt in seinem am 26.9.2024 ergangenen Vorlagebeschluss aus, dass § 57 Abs. 1 S. 1 TKG die nationale Umsetzung des Art. 105 Abs. 4 Unterabsatz 1 der RL (EU) 2018/1972 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11.12.2018 über den europäischen Kodex für die elektronische Kommunikation (ABl. L 321/36; „Richtlinie“) darstellt. Aus diesem Grunde sei die Auslegung des Art. 105 Abs. 4 UAbs. 1 der Richtlinie vorab zu klären. Kern der Vorlage ist die Frage, ob die Regelung dem Unternehmer – wie von der Beklagten vertreten – ein einseitiges Änderungsrecht gewährt oder ob sie lediglich die Rechtsfolgen eines anderweitig geregelten Änderungsrechts normiert. Letzteres würde dazu führen, dass die in Rede stehende AGB-Klausel der Beklagten unwirksam wäre.

Der Senat hat daher dem EuGH folgende Vorlagefrage gestellt:

„Ist Art. 105 Abs. 4 UAbs. 1 der RL (EU) 2018/1972 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11.12.2018 über den europäischen Kodex für die elektronische Kommunikation (ABl. L 321/36; zukünftig: Richtlinie) dahingehend auszulegen, dass den Anbietern anderer öffentlich zugänglicher elektronischer Kommunikationsdienste als nummernunabhängiger interpersoneller Kommunikationsdienste das Recht eingeräumt wird, die Vertragsbedingungen kraft Gesetzes einseitig zu ändern, und die Endkunden im Gegenzug hierzu ein Sonderkündigungsrecht erhalten, oder setzt die Vorschrift ein bereits aus anderen Gründen bestehendes Recht der Anbieter, die Vertragsbedingungen einseitig zu ändern, voraus und regelt lediglich das sich daraus ergebende Sonderkündigungsrecht des Endkunden?“

(OLG Düsseldorf, PM Nr. 46/2024 vom 26.9.2024)