BAG: Beschäftigungsanspruch – unternehmerische Entscheidung – Wegfall der Beschäftigung infolge Umorganisation – Missbrauchskontrolle

Das BAG hat mit Urteil vom 15.6.2021 – 9 AZR 217/20 – wie folgt entschieden:

1. Ein auf Beschäftigung gerichteter Klageantrag genügt den Anforderungen von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, wenn sich durch dessen Auslegung – ggf. unter Heranziehung des sonstigen Vorbringens der klagenden Partei – das Berufsbild der begehrten Beschäftigung oder die zuzuweisende Tätigkeit hinreichend bestimmt feststellen lässt (Rn. 24).

2. Klageanträge sind nach §§ 133, 157 BGB so auszulegen, dass im Zweifel gewollt ist, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der richtig verstandenen Interessenlage entspricht. Dabei sind die von der klagenden Partei vorgenommenen Begrenzungen des Klagebegehrens zu beachten, die sich ua. aus einer Zusammenschau von Haupt- und Hilfsantrag und dem Prozessverlauf ergeben können (Rn. 29).

3. Das Gericht hat nach § 139 Abs. 1 Satz 2 ZPO darauf hinzuwirken, dass die Parteien Anträge stellen, die eine Übereinstimmung zwischen dem prozessualen Antrag und  dem  materiellen  Prozessziel  herstellen.  Die  richterliche  Hinweispflicht  lässt  es nicht zu, Anträge anzuregen, die einem neuen Prozessziel dienen oder zu einer Erweiterung der Klage führen (Rn. 32).

4. Der allgemeine Beschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers gemäß §§ 611a, 613 iVm. § 242 BGB setzt neben einer arbeitsvertraglichen Verbindung der Parteien voraus, dass das Interesse des Arbeitnehmers an seiner Beschäftigung das des Arbeitgebers an seiner Nichtbeschäftigung überwiegt (Rn. 44). Der Anspruch kann ausgeschlossen sein, wenn eine Beschäftigung des Arbeitnehmers, zB wegen Auftragsmangels oder einer Umorganisation, die auf einer unternehmerischen Entscheidung beruht, nicht (mehr) möglich ist (Rn. 45 ff.).

5. Ein Arbeitgeber verhält sich nicht pflichtwidrig, wenn er an einer rechtmäßigen unternehmerischen  Entscheidung  festhält,  deren  Umsetzung  zur  Unmöglichkeit  einer vertragsgemäßen Beschäftigung des Arbeitnehmers führt. In diesem Fall kommt ein Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers nach § 275 Abs. 4 iVm. § 280 Abs. 1 und Abs. 3, § 283 BGB wegen unterlassener Beschäftigung nicht in Betracht (Rn. 62).

(Orientierungssätze)