GA Rantos schlägt mit Schlussanträgen vom 20.5.2021 – C‑299/20 vor, wie folgt zu entscheiden:
1. Art. 392 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ist dahin auszulegen, dass er die Anwendung der Regelung über die Differenzbesteuerung auf die Lieferung von Baugrundstücken sowohl dann erlaubt, wenn deren Erwerb der Mehrwertsteuer unterlag, ohne dass der Steuerpflichtige, der sie wiederverkauft, zum Vorsteuerabzug berechtigt war, als auch dann, wenn ihr Erwerb nicht der Mehrwertsteuer unterlag, weil er nicht in deren Anwendungsbereich fiel, obwohl der Preis, zu dem der steuerpflichtige Wiederverkäufer diese Gegenstände erwarb, einen Mehrwertsteuerbetrag enthält, der vom ursprünglichen (nicht steuerpflichtigen) Verkäufer zuvor entrichtet wurde. Diese Bestimmung ist jedoch nicht auf die Lieferung von Baugrundstücken anwendbar, deren ursprünglicher Erwerb als unbebaute Grundstücke vom Anwendungsbereich dieser Richtlinie ausgenommen war.
2. Art. 392 der Richtlinie 2006/112 ist dahin auszulegen, dass die Differenzbesteuerung nicht auf die Lieferung von Baugrundstücken anwendbar ist, wenn diese vom steuerpflichtigen Wiederverkäufer als unbebaute Grundstücke erworben wurden.
Die in Art. 392 als Ausnahmeregelung vorgesehene Differenzbesteuerung ist nicht auf den Wiederverkauf eines Grundstücks anwendbar, dessen Merkmale in der Zeit zwischen seinem Erwerb und seinem Wiederverkauf z. B. wegen der Durchführung von Arbeiten zu seinem Anschluss an verschiedene Netze (Straßen und Wege, Trinkwasser, Stromversorgung, Gas, Kanalisation, Telekommunikation) geändert wurden. Art. 392 findet jedoch Anwendung, wenn die an einem Baugrundstück in der Zeit zwischen seinem ursprünglichen Erwerb und seinem Wiederverkauf vorgenommenen Veränderungen nur in dessen Parzellierung bestehen.
Volltext BB-Online BBL2021-1301-3