Die Abgeordneten Christian Görke, Doris Achelwilm, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion Die Linke stellten mit Drs. 21/1881 zahlreiche Fragen zur Pendlerpauschale an die Bundesregierung. Stein des Anstoßes ist die geplante Erhöhung der Entfernungspauschale zum 1.1.2026 auf 38 Cent ab dem 1. Kilometer, weil aus Sicht der Fragesteller bei “Menschen mit hohem Einkommen durch den höheren gezahlten Steuersatz die Steuerersparnis bei gleichem Fahrweg höher ist als bei Menschen mit niedrigem Einkommen und niedrigerem Steuersatz.…

Steuerliche Wirkungen der Pendlerpauschale

Steuerliche Wirkungen der Pendlerpauschale

Abbildung 1

Pendeln ist kein Privileg!

Die Abgeordneten Christian Görke, Doris Achelwilm, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion Die Linke stellten mit Drs. 21/1881 zahlreiche Fragen zur Pendlerpauschale an die Bundesregierung. Stein des Anstoßes ist die geplante Erhöhung der Entfernungspauschale zum 1.1.2026 auf 38 Cent ab dem 1. Kilometer, weil aus Sicht der Fragesteller bei “Menschen mit hohem Einkommen durch den höheren gezahlten Steuersatz die Steuerersparnis bei gleichem Fahrweg höher ist als bei Menschen mit niedrigem Einkommen und niedrigerem Steuersatz.” Ob die Fragesteller damit den progressiven Steuertarif in Frage stellen? Aber zunächst zu den Antworten der Bundesregierung.

Die Frage nach dem Medianentgelt, unterschieden in Nicht-Pendler (Wohnort gleich Arbeitsort) und Pendler (Wohnort ungleich Arbeitsort), weist ein Medianentgelt in Euro von sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten für Deutschland von 4 013 € aus. Nicht-Pendler erzielen ein Medianentgelt von 3 800 €, während die Pendler ein Medianentgelt von 4 354 € erzielen. Die höchsten monatlichen Beträge werden in Hamburg erzielt. Hier liegt das Medianentgelt der Nicht-Pendler bei 4 299 € und das der Pendler bei 4 923 €. Das niedrigste Medianentgelt der Nicht-Pendler liegt mit 3 206 € in Thüringen und das der Pendler mit 3 502 € in Sachsen-Anhalt.

Von der Gesamtzahl der Steuerpflichtigen aus der Lohn- und Einkommensteuerstatistik für 2021 (https://www.destatis.de/DE/Themen/Staat/Steuern/Lohnsteuer-Einkommensteuer/Tabellen/gde.html) von 43 047 968 zahlten den Spitzensteuersatz von 42 % im Veranlagungsjahr 2021 insgesamt 1 481 035 Steuerpflichtige. Der Höchststeuersatz von 45 % wurde von 40 207 Steuerpflichtigen gezahlt. Die Zahl der unbeschränkt Steuerpflichtigen mit erhöhten Werbungskosten, die “wegen” der Pendlerpauschale über dem Pauschalbetrag lagen, wird für das Veranlagungsjahr 2021 in der Gruppe der Spitzensteuersatzzahler mit 671 486 Steuerpflichtigen angegeben und in der Gruppe der Höchststeuersatzzahler mit 11 866 Steuerpflichtigen. Bezogen auf die Gesamtzahl der Steuerpflichtigen von 43 047 968 ergibt sich, dass 3,44 % der Steuerpflichtigen mit Spitzensteuersatz pendeln und 0,09 % der Steuerpflichtigen mit Höchststeuersatz. Die Spitzensteuersatzzahler, die wegen der Pendlerpauschale über dem Pauschalbetrag der Werbungkosten lagen, bilden eine Gruppe von 1,56 % und die der Höchststeuersatzzahler von 0,03 %!

Aus dem Mikrozensus 2024 verteilen sich die monatlichen Nettoeinkommen in Bezug auf die Entfernung für den Hinweg zur Arbeitsstätte wie untenstehend.

Die angebliche Bevorteilung der Menschen mit hohem Einkommen durch Werbungskosten ist kein Problem der Pendlerpauschale, sondern die Folge des progressiven Steuertarifs. Es ist kaum zu glauben, dass denjenigen, die dies als Subvention oder Steuerersparnis für Reiche abtun, diese Konsequenz unbekannt ist. Gleichwohl ändert es nichts daran, dass diese Argumentation immer wieder ins Feld geführt wird. So findet sich im Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Drs. 21/2558) die Passage: “Die von der Bundesregierung vorgesehene Anhebung der Entfernungspauschale entlastet insbesondere Gutverdienende mit längeren Pendelstrecken, während Beschäftigte mit niedrigen und mittleren Einkommen und durchschnittlichen Strecken kaum davon profitieren, weil sie schon bisher selten den Arbeitnehmerpauschbetrag erreichen oder gar überschreiten. Von der Pendlerpauschale profitieren vor allem Männer, da sie im Durchschnitt einen weiteren Weg zur Arbeit als Frauen haben, häufiger voll arbeiten und Hauptverdiener sind.”

Mit der Antwort der Bundesregierung findet sich für eine derartige Argumentation in den Zahlen für 2021 nicht der geringste Beleg. Auch Steuerpflichtige mit “geringerem” Einkommen pendeln. Die Gruppe derer, die den Spitzensteuersatz zahlen, liegt lediglich bei 3,44 %. Diejenigen, die die Pendlerpauschale am liebsten ganz abschaffen, sollten sich diese Statistik mal in Ruhe ansehen und ihre Argumentation überdenken. Mit diesem Ansinnen treffen sie nämlich genau die Falschen!

Abbildung 2

Prof. Dr. iur. Michael
Stahlschmidt
lehrt an der FHDW Paderborn Steuerrecht, Rechnungswesen, Controlling und Compliance und ist Ressortleiter des Ressorts Steuerrecht des Betriebs-Berater und Schriftleiter Der Steuerberater.

Stahlschmidt, BB 2025, Heft 48, Umschlagteil, I