75 Jahre “Der Steuerberater”
Eine anwendungsorientierte Zeitschrift im besten Sinne mit beruflichem Nutzen und wissenschaftlichen Hintergrundinformationen für die Zielgruppe
Seit 75 Jahren prägt diese hervorragende Zeitschrift den Markt der wissenschaftlichen Fachwerke im Kontext der Steuerberatung. Der Steuerberater – natürlich umfasst dieser Begriff auch die inzwischen glücklicherweise so zahlreichen weiblichen Berufsträgerinnen – ist der zentrale Berater der Unternehmerschaft und der Privatkundschaft. Diese Beratung umfasst neben der eigentlichen Steuerberatung im eng verstandenen Sinne auch die betriebswirtschaftliche Beratung im ganz weit verstandenen Sinne.
Seit 42 Jahren ist es mir eine Ehre und Freude, für diese mir ans Herzen gewachsene Zeitschrift regelmäßig wissenschaftliche Beiträge verfassen zu dürfen. Im weiteren Verlauf haben auch meine Saarbrücker Kollegen Professor Dr. Hartmut Bieg, der Anfang 2025 leider verstorben ist, und Professor Dr. Gerd Waschbusch sowie zahlreiche exzellente Mitautorinnen und Mitautoren aus der Mitarbeiterschaft und aus der Unternehmenspraxis genauso wie Mitglieder von Nachbarlehrstühlen dazu beigetragen, dass man von einer regelrechten Saarbrücker Reihe sprechen kann, die von der Universität des Saarlandes aus getragen und geprägt wurde. Die Beiträge waren und sind einerseits geprägt von einer Beschäftigung mit originär steuerlichen Fragen im Kontext der Betriebswirtschaftlichen Steuerlehre und andererseits davon, dass eine Berücksichtigung der weit verstandenen rechnungsorientierten Betriebswirtschaftslehre erfolgt. Damit passen sie auch zentral zum Profil der Zeitschrift wie auch der Tätigkeit des steuerlichen Beraters. Wenn Dinge sich derart profiliert und dauerhaft halten, würde im heutigen Sprachgebrauch sicherlich der Begriff der Nachhaltigkeit herangezogen.
Beispielhaft seien zwei meiner ersten und zwei meiner letzten Beiträge hervorgehoben. Im Jahr 1983 ist als erster Beitrag “Der steuerliche Berater als Gestaltungsberater bei mittelständischen Familienunternehmen” erschienen. Dort wird insbesondere, aber nicht nur die Aufgabe des Steuerberaters als Unternehmensversteher und Unternehmerberater insbesondere unter dem Aspekt der Nachfolgeplanung thematisiert. Als Beispiel für eine innovative Aufarbeitung einer komplexen betriebswirtschaftlichen Fragestellung ist der sehr umfangreiche zweigeteilte Beitrag “Kennzahlen und Kennzahlensysteme – ihre Möglichkeiten und Grenzen für die externe Analyse des Jahresabschlusses” aus dem Jahr 1984 hervorzuheben. In aus meiner Sicht auch heute noch wegweisenden Weise wird einem Problem nachgegangen, das für den Steuerberater immer von zentraler Bedeutung gewesen ist. In weiten Teilen ist die betriebswirtschaftliche Beratung geprägt von einer Aufarbeitung der in Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung sowie darüber hinaus dargestellten meist quantitativen Sachverhalte. Der vorläufig letzte Beitrag von Ende 2024 beschäftigt sich mit der Frage “Die Besteuerung der Studierenden und Auszubildenden bei der Einkommensteuer” und arbeitet damit eine höchst praxisrelevante Fragestellung heraus, die als Beispiel für das Engagement des Berufsstandes auch im nicht-unternehmerischen Bereich steht. Schließlich steht der Aufsatz “Nachhaltiger Erfolg – Steuern als negativer Erfolgsfaktor” von Ende 2023 für die kritische Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen und damit verbunden auch steuerlichen Entwicklungen. Entgegen modernistischer Entwicklungen wird dort zunächst Nachhaltigkeit als nachhaltiger Erfolg definiert, ehe darauf eingegangen wird, wie unternehmerische und nicht-unternehmerische Betätigung in Deutschland durch Steuern generell und durch unzählige steuerverschärfende Maßnahmen speziell belastet werden. Auch wird selbstverständlich konzediert, dass Steuern zur nachhaltigen Finanzierung des Staates unabdingbar sind, aber ebenso darauf hingewiesen, dass sich das Steueraufkommen nominell von 2004 bis 2022 verdoppelt hat, während die Inflationsrate im gleichen Zeitraum nur eine Steigerung von 37,5 % aufweist (und damit deutlich weniger als die 100 % bei der Steigerung des Steueraufkommens).
Die nachhaltige wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der anwendungsorientierten Betriebswirtschaftslehre im Allgemeinen und der Betriebswirtschaftlichen Steuerlehre im Besonderen schlägt sich auch in der Lehre an der Universität und anderen Hochschulen sowie in der Weiterbildung nieder. So nimmt man mit großem Stolz zur Kenntnis, wie es gelingt, zahlreichen jungen Leuten den Zugang zu diesem so angesehenen Berufsstand des Steuerberaters zu verhelfen. So ist das Fach “Betriebswirtschaftliche Steuerlehre” nicht nur ein zentraler Pfeiler in der Ausbildung an den Universitäten und Hochschulen, sondern bildet auch einen wesentlichen Bestandteil in der Weiterbildung an den Verwaltungs- und Wirtschaftsakademien, dessen Bundesvorsitzender seit diesem Jahr Professor Dr. Gerd Waschbusch ist. Als Akademieleiter der VWA Rheinland-Pfalz ist es mir auch im Verbund mit Herrn Kollegen Waschbusch ein besonderes Anliegen, praxisnahe Studienangebote mit echten Zukunftsperspektiven zu entwickeln. So entstand ähnlich wie bei der Entwicklung des Studiengangs “Digitale BWL” an der Universität des Saarlandes, der auch wesentlich von mir geprägt wurde, die Idee zum neuen Studiengang “Digitales Management”, der gerade jetzt mit dem Unternehmerpreis “Region 56+” ausgezeichnet wurde. Mit dem zusätzlichen Schwerpunkt “Steuern” wird ebenfalls eine Antwort auf den diesbezüglichen Fachkräftemangel gegeben. Wenn man Lehre mit Spaß vermittelt und gestaltet, sind die positiven Rückläufe aus der Reihe der Studierenden auch für den Lehrenden ein großartiges Ereignis. Die Lebensläufe der Studierenden an den Universitäten und Hochschulen sowie an den Verwaltungs- und Wirtschaftsakademien sind auch Beleg für unseren Einsatz in der Lehre.
Abschließend sei als Zeichen der Nachhaltigkeit unserer Beziehung zu “Der Steuerberater” nicht nur qualitativ die Bedeutung hervorgehoben, die dieser Zeitschrift gebührt, sondern auch mit der Angabe der Zahl von über 390 wissenschaftlichen Aufsätzen aus der Universität des Saarlandes heraus und von 163 Beiträgen, an denen eine Alleinautorenschaft oder eine Beteiligung als Autor durch mich persönlich gegeben ist, die quantitative Dimension unseres Engagements in den Mittelpunkt gestellt.
Prof. Dr. Heinz
Kußmaul
ist Direktor des BLI (Betriebswirtschaftliches Institut für Steuerlehre und Entrepreneurship, Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, insb. Betriebswirtschaftliche Steuerlehre, Institut für Existenzgründung/Mittelstand) an der Universität des Saarlandes und Mitglied der Forschungsgruppe anwendungsorientierte Steuerlehre (FAST).
Kußmaul, StB 2025, Heft 11, Umschlagteil, I

