Der BFH hat mit Urteil vom 27.10.2020 – VIII R 19/18 – entschieden:
1. Die auf den Insolvenzschuldner entfallende Gesamteinkommensteuerschuld ist auf die insolvenzrechtlichen Vermögensbereiche aufzuteilen. Nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründete Steueransprüche sind, soweit diese als Masseverbindlichkeiten (§ 55 Abs. 1 InsO) zu qualifizieren sind, gegenüber dem Insolvenzverwalter festzusetzen. Sonstige, nach Insolvenzeröffnung begründete Steueransprüche sind insolvenzfrei und gegen den Insolvenzschuldner festzusetzen (ständige Rechtsprechung).
2. Die Ausübung des Veranlagungswahlrechts durch den Insolvenzverwalter stellt eine Handlung i. S. des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO dar, die zur Folge hat, dass auch die auf der Zusammenveranlagung beruhende Einkommensteuerschuld als Masseverbindlichkeit anzusehen ist. Wählt der Insolvenzverwalter die Zusammenveranlagung, ist daher auch die auf Einkünfte der nicht insolventen Ehefrau entfallende Einkommensteuer im gleichen Verhältnis wie die durch die Einkünfte des Insolvenzschuldners ausgelöste Einkommensteuer zwischen der Insolvenzmasse und dem insolvenzfreien Vermögen zu verteilen.
3. Ein Altersentlastungsbetrag gemäß § 24a EStG ist im Rahmen der Ermittlung der den Vermögensbereichen zuzuordnenden Einkünfte – und damit auch zugunsten des Insolvenzverwalters – zu berücksichtigen.
4. Lässt das FA einen Sachverhalt nicht unberücksichtigt, sondern würdigt diesen entgegen der Rechtslage falsch, greift § 174 Abs. 3 AO nichtein.
5. Der Insolvenzverwalter ist in Bezug auf das Steuerfestsetzungsverfahren betreffend den Insolvenzschuldner Dritter i. S. des § 174 Abs. 5 AO.
(Amtliche Leitsätze)
Volltext: BB-ONLINE BBL2021-533-2