Omnibuspakete I und II = Bürokratieabbau?
Die EU-Kommission will Verwaltungskosten für Unternehmen um 400 Millionen Euro jährlich senken, so lautet die Überschrift einer Pressemitteilung der Europäischen Kommission (Vertretung in Deutschland) vom 21.5.2025. Dies soll mittels der sog. Omnibus Pakte I und II erreicht werden.
Danach schlägt die Europäische Kommission vor, die jährlichen Verwaltungskosten für Unternehmen um weitere 400 Millionen Euro zu senken, zusätzlich zu den durch frühere Vereinfachungsbemühungen angestrebten 8 Milliarden Euro. Durch die Einführung einer neuen Kategorie von Small MidCaps (SMC) sollen die Einhaltungspflichten erleichtert und die Ressourcen für Wachstum und Investitionen im Binnenmarkt freigesetzt werden. Daraus sollen sich Vorteile für kleine und mittelgroße Unternehmen ergeben.
“Bürokratieabbau und Vereinfachung der Vorschriften bedeuten, dass Unternehmen die Freiheit erhalten, innovativ zu sein, zu wachsen und Arbeitsplätze zu schaffen. Der heutige Omnibus ist ein weiterer Meilenstein in dieser Hinsicht. Er bietet neue Vorteile für kleine und mittelgroße Unternehmen und stellt sicher, dass die Rechtsvorschriften an die Realität vor Ort angepasst werden”, so der für Wohlstand und Industriestrategien zuständige Exekutiv-Vizepräsident Stéphane Séjourné. Der Wirtschaftskommissar Valdis Dombrovskis, der für den Bereich Umsetzung und Vereinfachung zuständig ist, ergänzte vollmundig: “Wir werden weiter unerbittlich nach Vereinfachung streben, um die EU-Regulierung für alle – Bürgerinnen und Bürger, Verbraucherinnen und Verbraucher, Unternehmen und öffentliche Verwaltungen – einfacher, schneller und besser zu machen.”
Stellt sich die Frage, warum nun eine weitere Kategorie von Unternehmen die “Small Midcaps” (SMC) eingeführt werden muss? Unter diese Kategorie sollen fast 38 000 Unternehmen in der EU fallen, die zwischen 250 und 750 Beschäftigte haben und entweder 150 Millionen Euro Umsatz oder bis zu 129 Millionen Euro Gesamtvermögen aufweisen. Derzeit werden die KMU, wenn mehr als 250 Mitarbeiter beschäftigt werden, zu Großunternehmen gezählt, wonach diese dann die strengeren Compliance-Regeln zu befolgen haben. Als Vorteile werden angeführt, dass die SMC in Genuss von spezifischen Ausnahmen im Rahmen der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) kommen sollen. Ferner sollen vereinfachte Vorschriften dazu führen, dass die Notierung an der Börse einfacher und kostengünstiger wird. Weiter werden aufgezählt:
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Ausnahme von der Registrierung fluorierter Treibhausgase
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Risikobasierte Aufzeichnungen
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Vom Papier zum Digitalen
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Rechtssicherheit durch gemeinsame Spezifikationen
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Batterie-Industrie: Reibungslosere Einführung von Sorgfaltspflichten
Die Aufzeichnungspflicht in der DSGVO wird vereinfacht, wobei den besonderen Bedürfnissen und Herausforderungen kleiner und mittlerer Unternehmen und Organisationen Rechnung getragen und gleichzeitig sichergestellt wird, dass die Rechte des Einzelnen geschützt werden. Maßgebliches Kriterium für diese Regelung ist die Beschäftigtenzahl von 750, was zur Folge hat, dass es auf die Definition KMU nicht ankommt. Damit sollen die drei Kategorien KMU, SMC und Organisationen mit weniger als 750 Beschäftigten nur dann Aufzeichnungen führen, wenn die Verarbeitung personenbezogener Daten nach der DSGVO ein “hohes Risiko” darstellt. Die Kommission hofft, dass dadurch der digitale Wandel beschleunigt und umständliche papierbasierte Anforderungen in der Produktgesetzgebung beseitigt werden können. Die derzeit geltenden EU-Vorschriften sehen papiergestützte Konformitätserklärungen, Gebrauchsanweisungen und andere Dokumente vor. Die Digitalisierung dieser Anforderungen soll erreichen, dass Unternehmen Informationen leichter einreichen und verteilen können. Gleichzeitigt soll die Digitalisierung dazu dienen, dass die nationalen Behörden die Einhaltung der Vorschriften effizienter überprüfen können.
Den Sektor Batterie-Industrie will die EU-Kommission bei der Beschaffung von Rohstoffen dadurch unterstützen, dass die Unternehmen mehr Zeit bekommen, sich auf neue Vorschriften zur Erfüllung der Sorgfaltspflicht vorzubereiten, indem die Frist von 2025 auf 2027 verschoben wird. Steht im Titel nicht Bürokratieabbau?
Es ist sicher zu früh, eine qualitative Bewertung dieser Vorschläge vorzunehmen, da Details noch ausgearbeitet werden müssen. Ob die Einführung einer weiteren Unternehmenskategorie zur Vereinfachung führt, darf sicher bezweifelt werden. Die Verschiebung von weiteren Richtlinien um zwei Jahre verhindert wohl keine weitere Bürokratie. Möge die Kommission ein glückliches Händchen begleiten.
Professor Dr. iur. Michael
Stahlschmidt
M.R.F., LL.M., MBA, LL.M., RA/FAStR/FAInsSanR/FAMedR/StB, Dipl.-Betriebswirt/FH, lehrt an der FHDW Paderborn Steuerrecht, Rechnungswesen und Controlling und ist Ressortleiter des Ressorts Steuerrecht des Betriebs-Berater und Chefredakteur Der SteuerBerater, Frankfurt am Main/Medebach.
Stahlschmidt, StB 2025, Heft 06, Umschlagteil, I