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WPK: Neue EU-Regeln für den Versicherungssektor – Prüfungspflichten

Seit dem Jahr 2021 hat der EU-Gesetzgeber an einer Reform der Regelungen für den Versicherungssektor gearbeitet. Am 8.1.2025 hat er nun zwei Änderungsrichtlinien verabschiedet, die auch WP/vBP tangieren.

Ziel dieses Gesetzgebungsprojekts war es, dass Versicherungsunternehmen in der EU zum Schutz der Versicherungsnehmer ausreichend Kapital zur Deckung unerwarteter Verluste im Krisenfall bereitstellen, eine solide interne Risikobewertung durchführen und bestimmte relevante Informationen offenlegen müssen. Dazu sollten u. a. die Regeln der Solvabilität II-Richtlinie überprüft und für kleinere Unternehmen vereinfacht werden. Die erste Richtlinie reformiert die EU-Richtlinie 2009/138/EG (Solvabilität II-Richtlinie) betreffend die Aufnahme und Ausübung der Versicherungs- und der Rückversicherungstätigkeit. Hier werden die Grundlagen geregelt und der Rahmen für konkretisierende Bestimmungen festgelegt. Diese Änderungsrichtlinie (ABlEU L 2025/2) führt eine Prüfungspflicht für die Bilanz von „nicht kleinen und nicht komplexen“ (Art. 1 Nr. 13 Änderungs-RL 2025/2, Art. 29a, 29b RL 2009/138/ EG) Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen ein (Art. 1 Nr. 26, 93 Änderungs-RL 2025/2, Art. 51a, 256c Abs. 4 RL 2009/138/EG).

Die zweite Richtlinie (ABlEU L 2025/1) regelt die Bedingungen für die Sanierung und Abwicklung von Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen. Diese Richtlinie sieht in Art. 66 Abs. 1 Verschwiegenheitspflichten für sämtliche Beteiligten vor, darunter auch den Abschlussprüfer (Art. 66 Abs. 1 Buchst. f). Art. 66 Abs. 2 stellt darüber hinaus sicher, dass der Abschlussprüfer ihm von der Aufsichts- oder Abwicklungsbehörde übermittelte vertrauliche Informationen nicht an andere Personen oder Behörden weitergibt. Ausnahmen davon sind etwa dann vorgesehen,

–              wenn die Offenlegung in Ausübung der jeweiligen Tätigkeiten nach dieser Richtlinie erfolgt (Abs. 2 Unterabs. 1 a)

–              oder in zusammengefasster/kollektiver Form geschieht, die einzelne Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen nicht erkennen lassen (Abs. 2 Unterabs. 1 b)

–              oder wenn die Behörde bzw. das Unternehmen vorher zugestimmt haben (Abs. 2 Unterabs. 1 c).

Für Verstöße sollen die Mitgliedstaaten zivilrechtliche Haftungsregelungen vorsehen (Abs. 2 Unterabs. 4). Nach dem Verständnis der WPK sind die Regelungen als Spezialregelungen zu Art. 23 EU-Abschlussprüferrichtlinie (Verschwiegenheitspflicht und Berufsgeheimnis) sowie Art. 7 und 12 der EU-Abschlussprüferverordnung (Meldepflichten an Behörden) zu verstehen. Sie sollen die Kommunikation zwischen den in die Beaufsichtigung der Versicherungsbranche eingebundenen Behörden, Ministerien, anderen Stellen aus nationaler wie EU-Ebene als auch dem Abschlussprüfer sicherstellen (so auch Art. 66 Abs. 4). Der Abschlussprüfer ist zwar bereits nach den Art. 7 und 12 AP-VO dazu verpflichtet, über Unregelmäßigkeiten und weitere bestimmte Sachverhalte zu berichten. Nach dem Verständnis der WPK soll die Kommunikation nach den vorgesehenen Änderungen der Solvabilität II-Richtlinie aber wohl weitgehender sein, etwa die Berichterstattung über allgemeine Branchenrisiken.

(Neu auf WPK.de vom 28.1.2025)