Bundesfinanzminister Olaf Scholz will die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) modernisieren und dadurch flexibler und schlagkräftiger aufstellen. Insbesondere soll die BaFin künftig stärker präventiv agieren und Verdachtsfällen in der Bilanzkontrolle schneller und effizienter nachgehen können.
Erste wesentliche Schritte zur Stärkung der BaFin, so Scholz, haben wir schon mit dem im Dezember vom Kabinett beschlossenen Gesetzentwurf für ein Finanzmarktintegritätsstärkungsgesetz (FISG) gemacht. Im Auftrag des Bundesfinanzministeriums seien parallel zu den gesetzlichen Maßnahmen seit Herbst Strukturen der Bundesanstalt auf Herz und Nieren geprüft und Vorschläge entwickelt worden, wie die BaFin künftig aufgestellt werden muss, um ihren Aufgaben noch wirksamer nachzugehen. Die Untersuchung sei im September in Reaktion auf die Bilanzmanipulationen beim Dax-Unternehmen Wirecard AG auf den Weg gebracht worden parallel zum Aktionsplan der Bundesregierung zur „Bekämpfung von Bilanzbetrug und zur Stärkung der Kontrolle über Kapital und Finanzmärkte“. In die Untersuchung seien neben externem Beratersachverstand auch Stellungnahmen von Verbraucherschutzorganisationen und NGOs sowie Expertise aus dem Finanzsektor eingeflossen. Auf Grundlage der Ergebnisse der Untersuchung werde das Ministerium die Neuaufstellung der BaFin nun sehr zügig zusammen mit der BaFin und mit Unterstützung externer Beratung angehen und den Start der Transformation einleiten. Im Sommer sollten erste konkrete Ergebnisse präsentiert werden. Drei übergeordnete Ziele verfolge das Bundesfinanzministerium mit der Neuaufstellung der BaFin: Die Schlagkraft im Aufsichts- und Prüfungshandeln stärken. Die internen Strukturen und Abläufe straffen, Verantwortung klarer zuteilen. Den Finanzmarkt mit modernster Technologie wirksamer beaufsichtigen. Der Sieben-Punkte-Plan des Bundesfinanzministeriums zur Neuaufstellung der BaFin sehe konkrete Verbesserungen vor, damit die BaFin ihrer Aufgabe künftig besser gerecht werden kann. Außerdem brauchen wir, so Scholz, bei der BaFin einen grundlegenden Kulturwandel.
1. Für die Kontrolle komplexer Unternehmen wird eine Fokusaufsicht geschaffen, die alle Geschäftsbereiche umfasst und Unternehmen noch enger beaufsichtigt als bisher. Damit wird die BaFin in die Lage versetzt, auf die teils rasante Entwicklung auf den Finanzmärkten rascher zu reagieren.
2. Eine neue, forensisch geschulte Taskforce soll eingerichtet werden, damit die BaFin künftig Ad-hoc- und Sonderprüfungen in Eigenregie und ggf. in Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft vor Ort durchführen kann.
3. Das Bilanzkontrollverfahren wird grundlegend reformiert. Die BaFin erhält erheblich gestärkte Zugriffsrechte und mehr kompetentes Personal, insbesondere Wirtschaftsprüfer, um Bilanzen besser überprüfen zu können. Mit ihren ausgedehnten Zugriffsrechten wird die BaFin in die Lage versetzt, auf hoheitlicher Basis forensiche Prüfungen vorzunehmen – mindestens auf dem Eingriffsniveau, das im Fall Wirecard im Ergebnis zur Aufdeckung des Bilanzbetrugs gesorgt hat.
4. Der Austausch mit Marktteilnehmern soll intensiviert werden und die Erkenntnisse von Whistleblower sollen systematisch erfasst und ausgewertet werden. Informationen aus dem Markt und von Whistleblowern sind für die Arbeit der BaFin besonders wertvoll. Eine Optimierung der Bearbeitungsprozesse soll den Erkenntnisgewinn steigern, ein Monitoring der Bearbeitung einführen und das Erkennen von Auffälligkeiten erleichtern.
5. Mit Verbraucher- und Anlegerschützern soll regelmäßig und intensiv der Austausch gesucht werden; die Erkenntnisse sollen in die Aufsichtsarbeit einbezogen werden. Die Handlungsbefugnisse der BaFin werden gestärkt und die Instrumente für den proaktiven Anleger- und Verbraucherschutz ausgebaut.
6. Die Position des künftigen BaFin-Präsidenten /der künftigen BaFin-Präsidentin wird gestärkt. Er/sie erhält mehr Verantwortung in Fragen der zentralen Steuerung der BaFin. Damit können Entscheidungsprozesse auf Leitungsebene effizienter und effektiver getroffen werden. Der Präsident/die Präsidentin koordiniert neben der Modernisierung der BaFin auch die beiden neuen Einheiten Task Force und die Fokusaufsicht.
7. Eine zentrale Data Intelligence Unit (DIU) und ein digitales Aufseher-Cockpit sollen das Rückgrat einer IT-getriebenen Aufsicht des Finanzsektors bilden.
Weiter Details zum FISG: Mit dem FISG habe Bundesregierung bereits im Dezember einen Gesetzentwurf auf den Weg gebracht, der weitreichende Maßnahmen in drei Bereichen vorsieht: Verbesserte Prüfsysteme und Kontrollrechte des Aufsichtsrates sollten, erstens, die Corporate Governance in den Unternehmen stärken. Zweitens wollen wir, so Scholz weiter, die Unabhängigkeit der Abschlussprüfer stärken, damit sich alle Marktakteure auf deren Testate verlassen können. So verpflichten wir sie zur Rotation nach spätestens zehn Jahren und verschärfen die Vorgaben zur Trennung von Prüfung und Beratung, um Interessenkonflikten vorzubeugen. Zudem wird ihre zivilrechtliche Haftung ausgeweitet und Fehlverhalten von Abschlussprüfern stärker sanktioniert. Und drittens erhält die BaFin mit dem FISG mehr Durchgriffsrechte bei der Bilanzkontrolle. Das Verfahren wird künftig stärker staatlich-hoheitlich geprägt sein, so dass Anlass- und Verdachtsprüfungen grundsätzlich in die alleinige Zuständigkeit der BaFin fallen. Damit die Aufsicht nicht durch Auslagerungen umgangen wird, erhält die BaFin zudem mehr Kontrollmöglichkeiten. Maßnahmen zum besseren Anleger- und Verbrauchschutz und zum Kampf gegen Terrorismusfinanzierung und Geldwäsche kommen hinzu. Ein sehr weitgehendes Verbot des privaten Handels mit Finanzinstrumenten für Mitarbeiter der BaFin stellt sicher, dass Zweifel an der Integrität der Aufsicht gar nicht erst aufkommen.
(PM BMF vom 2.2.2021)