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EuGH: Vermutung der Haftung des Geschäftsführers im Fall der unterlassenen Anzeige des Unvermögens der Körperschaft, die geschuldete Mehrwertsteuer zu zahlen

– Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Niederländisches Vorabentscheidungsersuchen)

EuGH, Urteil vom 14.11.2024 – C‑613/23

1. Art. 273 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ist im Licht des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung, nach der der Geschäftsführer einer Körperschaft, die gegen ihre Pflicht verstoßen hat, das Unvermögen zur Zahlung einer Mehrwertsteuerschuld anzuzeigen, zur Befreiung von seiner Haftung als Gesamtschuldner für die Zahlung dieser Schuld nachzuweisen hat, dass ihm der Verstoß gegen diese Anzeigepflicht nicht anzulasten ist, nicht entgegensteht, sofern die fragliche Regelung die Möglichkeit, diesen Umstand zu belegen, nicht nur auf Fälle höherer Gewalt beschränkt, sondern es dem Geschäftsführer ermöglicht, sich auf alle Umstände zu berufen, die belegen können, dass er für die Nichteinhaltung dieser Anzeigepflicht nicht verantwortlich ist.

2. Art. 273 der Richtlinie 2006/112 ist im Licht des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, die bewirkt, dass der Geschäftsführer einer Körperschaft, der es unterlassen hat, deren Zahlungsunfähigkeit anzuzeigen, bezogen auf einen bestimmten Zeitraum für die Zahlung einer Mehrwertsteuerschuld weiterhin als Gesamtschuldner haftet, während er bezogen auf den sich unmittelbar anschließenden Zeitraum von einer Haftung befreit wurde, nachdem er nachweisen konnte, dass er nach Treu und Glauben gehandelt und in den drei vorangegangenen Jahren die Sorgfalt eines umsichtigen Wirtschaftsteilnehmers aufgewendet hat, um zu verhindern, dass die Körperschaft außerstande gerät, ihre Pflichten zu erfüllen, und seine Beteiligung an einem Missbrauch oder Betrug ausgeschlossen ist.

(Tenor)

Volltext BB-Online BBL2024-2773-1