Bürokratieabbau gehört zu den zentralen Handlungsschwerpunkten der bayerischen Standortpolitik. Bürokratie bindet wertvolle Ressourcen in den Unternehmen und wirkt dadurch wie ein Bremsklotz für die Wirtschaft in Deutschland. Daneben werden sowohl die Bürgerinnen und Bürger als auch die Verwaltung oft unnötig belastet. Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten ist es daher unbedingt erforderlich, die Rahmenbedingungen sowohl für die Unternehmen und Handwerksbetriebe als auch für die Bürgerinnen und Bürger bestmöglich zu gestalten. Deshalb sollen auch auf Bundesebene starke Impulse zum Bürokratieabbau gesetzt werden. Im Fokus steht dabei insbesondere auch das Steuerrecht, das den Betroffenen eine Vielzahl von Erklärungs-, Dokumentations- und Aufzeichnungspflichten auferlegt.
Vor diesem Hintergrund hat der Ministerrat in seiner heutigen Sitzung eine Bundesratsinitiative zum Bürokratieabbau im Steuerrecht beschlossen:
1. Abschaffung der Belegausgabepflicht
Die zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen ab 1.1.2020 bundesrechtlich eingeführte Belegausgabepflicht für sämtliche Geschäftsvorfälle belastet Unternehmer und Umwelt in erheblichem Maße, ohne dass dem ein konkreter Nutzen gegenübersteht. Durch die Verpflichtung zur Ausstattung elektronischer Kassensysteme mit einer technischen Sicherheitseinrichtung ist die Nachprüfbarkeit der steuerlichen Erfassung von Umsätzen bereits hinreichend gegeben. Darüber hinaus werden inzwischen die meisten Verkaufsvorgänge bargeldlos per Debit- oder Kreditkarte abgewickelt. Damit sind keine weiteren steuerlichen Vorkehrungen zur Überprüfung der Vollständigkeit der Einnahmen erforderlich. Es ist daher an der Zeit, die bestehende allgemeine Belegausgabepflicht durch eine Belegausgabe auf Verlangen zu ersetzen.
2. Anhebung der Betragsgrenze für sog. geringwertige Wirtschaftsgüter
Selbständig nutzbare Wirtschaftsgüter können nach geltendem Recht sofort abgeschrieben werden, wenn die Anschaffungs- und Herstellungskosten 800 Euro nicht übersteigen (sog. „geringwertes Wirtschaftsgut“). Um den zwischenzeitlich eingetretenen erheblichen Preissteigerungen Rechnung zu tragen, soll die Wertgrenze für die Sofortabschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter auf 2 000 Euro angehoben werden. Dies verbessert nicht nur die Investitionsbedingungen für Betriebe, es vereinfacht auch das Steuerrecht, da parallel die Regelungen zur Bildung eines Sammelpostens entfallen kann.
3. Anhebung des Arbeitnehmerpauschbetrags
Im Bereich der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit werden Werbungskosten ohne konkreten Nachweis pauschal bis zu Höhe von derzeit 1 230 Euro im Jahr berücksichtigt und abgegolten. Mit einer substanziellen Erhöhung dieses Arbeitnehmerpauschbetrags auf 2 000 Euro kann der Ermittlungsaufwand für viele Bürgerinnen und Bürger bei der Erstellung der jährlichen Steuererklärung weiter deutlich verringert werden. Darüber hinaus profitiert auch die Finanzverwaltung von einer erheblichen Reduzierung des Prüfaufwands.
4. Anhebung der Freigrenze für Pflichtveranlagungen
Die seit 1958 unverändert geltende Freigrenze für Pflichtveranlagungen von 410 Euro ist nicht mehr zeitgemäß. Um die Handlungsfähigkeit der Finanzverwaltung auch in Zukunft zu gewährleisten, ist eine Erhöhung der Pflichtveranlagungsgrenze auf 2 000 Euro geboten. Dies entlastet sowohl die Verwaltung als auch die Steuerbürgerinnen und -bürger von unnötiger Bürokratie und sorgt für mehr Steuergerechtigkeit.
5. Einführung eines Freibetrags für Lohnersatzleistungen
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die vorübergehend Lohn- und Einkommensersatzleistungen beziehen, müssen nicht nur eine Einkommensteuererklärung abgeben, sondern werden auch mit Steuernachforderungen konfrontiert. Diese spätere Steuernachzahlung trifft insbesondere Beschäftigte mit geringem Einkommen hart. Durch Einführung eines Freibetrags in Höhe von 6 000 Euro beim sogenannten Progressionsvorbehalt sollen Bürgerinnen und Bürger von finanziellen Engpässen und unnötiger Steuererklärungsabgabe entlastet werden.
• Bayerische Initiative „Entbürokratisierung im Vereinssteuerrecht“
Bayern ist ein Land des Ehrenamtes. Vereine und ehrenamtliches Engagement spielen in unserem demokratischen Gemeinwesen eine wichtige Rolle und sind für unsere Gesellschaft unverzichtbar. Ohne Vereine wäre das kulturelle und gesellschaftliche Leben in den Städten und Gemeinden unseres Landes um ein Vielfaches ärmer. Aus diesem Grund muss das Ehrenamt auch steuerlich noch stärker gefördert und die Arbeit der gemeinnützigen Vereine weiter erleichtert werden. Daher hat der Ministerrat in seiner heutigen Sitzung beschlossen, sich im Bundesrat dafür einzusetzen, dass unnötige Bürokratie für gemeinnützige Vereine und ehrenamtlich Tätige abgebaut und deren Wirken zum Wohle aller weiter erleichtert wird:
1. Abschaffung des Erfordernisses der zeitnahen Mittelverwendung
Die sogenannte „zeitnahe Mittelverwendung“ gibt vor, dass gemeinnützige Körperschaften ihre Mittel spätestens innerhalb von zwei Kalenderjahren für die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke verwenden müssen. Diese zeitlich befristete Verwendungspflicht verursacht nicht nur einen erheblichen Druck auf die Vereine, sondern ist auch in der Dokumentation und Überprüfung sehr aufwändig und zeitintensiv. Ihre Abschaffung würde für die gemeinnützigen Körperschaften wie auch für die Verwaltung eine erhebliche Entbürokratisierung bewirken.
2. Anhebung und Flexibilisierung der Besteuerungsgrenze für wirtschaftliche Geschäftsbetriebe
Wirtschaftliche Geschäftsbetriebe von gemeinnützigen Körperschaften unterliegen erst dann der Ertragsteuer, wenn die Einnahmen über 45 000 Euro liegen und der Gewinn mehr als 5 000 Euro beträgt. Eine Anhebung auf 55 000 Euro und eine Flexibilisierung dieser Grenze in Form einer durchschnittlichen Dreijahresbetrachtung würde besonders Vereine bei einmaligen Veranstaltungen entlasten. Somit können einmalige Schwankungen, wie z. B. durch ein größeres Jubiläumsfest, abgefedert werden.
3. Vereinsfest-Pauschalierung bezüglich Helfer-Essen
Vereinsfeste sind ein wesentlicher Bestandteil eines funktionierenden Vereinslebens. Dabei sind derartige Veranstaltungen immer mit einem großen Aufwand verbunden, der nur mit vielen helfenden Händen bewältigt werden kann. Zuwendungen an die Helfer – meist in Form von Speisen und Getränken – sollen bis zu einer bestimmten Höhe pauschal als steuerlich unschädlich behandelt werden.
4. Anhebung der Steuerfreibeträge sowie Förderung des unentgeltlichen Ehrenamts
Zur Stärkung des ehrenamtlichen Engagements soll die Ehrenamtspauschale von derzeit 840 Euro auf 1 000 Euro und der Übungsleiterfreibetrag von 3 000 Euro auf 3 500 Euro angehoben werden. Zusätzlich soll auch das unentgeltliche Engagement steuerlich begünstigt werden. Dies betrifft vor allem ehrenamtliche Helfer in kleineren Vereinen, deren Finanzausstattung entsprechende Zahlungen oft nicht erlaubt. Hierfür soll eine Steuerermäßigung in Höhe von beispielsweise 420 Euro eingeführt werden, die die zu zahlende Einkommensteuer des unentgeltlich tätigen Ehrenamtlichen mindert.
5. Anhebung der Umsatzgrenze für den pauschalen Vorsteuerabzug
Die Umsatzgrenze für die Vereinfachungsregelung zum pauschalen Vorsteuerabzug soll von derzeit 45 000 Euro auf 55 000 Euro angehoben werden. Darüber hinaus sollte die Grenze flexibler ausgestaltet werden (Dreijahresbetrachtung). Eine einmalige Überschreitung der Grenze soll künftig nicht mehr zum Verlust der Vereinfachung im Folgejahr führen.
(Quelle: StK, PM Nr. 205 vom 2.7.2024
Bericht aus der Kabinettssitzung vom 2.7.2024)