BAG, Urteil vom 21.3.2024 – 2 AZR 79/23; ECLI:DE:BAG:2024:210324.U.2AZR79.23.0
1. Die Frage der Wahrung der Identität einer wirtschaftlichen Einheit und damit die Frage eines Betriebs(teil)übergangs kann sich nur dann stellen, wenn die übertragene Einheit bereits vor dem Übergang über eine ausreichende funktionelle Selbständigkeit verfügt hat (Rn. 21 f.).
2. Es ist unerheblich, wie lange die wirtschaftliche Einheit beim Veräußerer vor dem Betriebsübergang bereits bestanden hat. Sie kann auch allein zum Zweck der Ermöglichung eines Betriebs(teil)übergangs geschaffen werden, lediglich „betrügerische oder missbräuchliche“ Fälle haben außer Betracht zu bleiben (Rn. 22).
3. § 613a Abs. 4 Satz 1 BGB ist nicht analog auf den Fall der Versetzung eines Arbeit-nehmers in einen übergehenden Betriebsteil anwendbar (Rn. 28 ff.).
4. Die Zuordnung eines Arbeitnehmers zu einem übergehenden Betriebsteil ist nicht nach den Kriterien einer „sozialen Auswahl“ vorzunehmen (Rn. 43).
5. An den Inhalt der Unterrichtung über die rechtlichen Folgen des Betriebsübergangs dürfen keine im praktischen Leben kaum erfüllbaren Anforderungen dahingehend gestellt werden, wonach das Unterrichtungsschreiben „keinen juristischen Fehler“ enthalten darf (Rn. 53).
(Orientierungssätze)
1. Ein Arbeitsverhältnis wird nur von einem Betriebs(teil)übergang iSv. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB erfasst, wenn der Arbeitnehmer zuvor individual- und ggf. kollektivrechtlich wirksam der dann übergehenden wirtschaftlichen Einheit zugeordnet wurde.
2. Fehler bei der Unterrichtung nach § 613a Abs. 5 BGB, die für den Willensbildungsprozess der Arbeitnehmer, ob sie einem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses widersprechen, regelmäßig ohne Belang sind, führen nicht dazu, dass die Widerspruchsfrist des § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB nicht zu laufen beginnt.
(Amtliche Leitsätze)