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BAG: Bewerbungsverfahrensanspruch – Bestenauslese – Befristung – Gefahr eines institutionellen Rechtsmissbrauchs als Ablehnungsgrund

BAG, Urteil vom 29.2.2024 – 8 AZR 187/23

1. Nach Art. 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Daraus folgt ein grundrechtsgleiches Recht auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl für jedes öffentliche Amt (sogenannter Bewerbungsverfahrensanspruch). Zu den öffentlichen Ämtern iSv. Art. 33 Abs. 2 GG zählen nicht nur Beamtenstellen, sondern auch Stellen, die ein Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes mit Arbeitnehmern zu besetzen beabsichtigt (Rn. 16).

2. Öffentliche Arbeitgeber treffen im Rahmen ihrer Organisationsgewalt diejenigen Vorentscheidungen, die zur Existenz eines öffentlichen Amtes führen. Es besteht kein subjektives Recht auf Ausbringung einer bestimmten Planstelle. Der Dienstherr entscheidet nach organisatorischen Bedürfnissen und Möglichkeiten über die Einrichtung und nähere Ausgestaltung von Dienstposten (Rn. 17).

3. Die Entscheidung, eine ausgeschriebene Stelle nur befristet zu besetzen, ist Teil der dem Auswahlverfahren nach Art. 33 Abs. 2 GG vorgelagerten Organisationsentscheidung. Das gilt auch für die Entscheidung, Bewerber vom Auswahlverfahren auszuschließen, bei denen eine weitere Sachgrundbefristung wegen der Gesamtdauer der befristeten Arbeitsverträge und/oder der Anzahl der Verlängerungen nach der Rechtsprechung des Siebten Senats des Bundesarbeitsgerichts die Gefahr eines institutionellen Rechtsmissbrauchs begründet (Rn. 18 ff.).

4. Öffentliche Arbeitgeber sind nicht verpflichtet, ihr Organisationsermessen in einer Weise auszuüben, die sie dem Vorwurf des institutionellen Rechtsmissbrauchs aussetzt (Rn. 26)

(Orientierungssätze)

1. Die Entscheidung eines öffentlichen Arbeitgebers, nur Bewerber in die Auswahl für eine befristet zu besetzende Stelle einzubeziehen, bei denen nicht die naheliegende Möglichkeit besteht, dass eine weitere Sachgrundbefristung des Arbeitsverhältnisses die Voraussetzungen eines institutionellen Rechtsmissbrauchs erfüllt, ist Teil der dem Auswahlverfahren nach Art. 33 Abs. 2 GG vorgelagerten Organisationsentscheidung.

2. Bei einer Sachgrundbefristung ist der öffentliche Arbeitgeber nicht verpflichtet, sein Organisationsermessen in Bezug auf die in die Auswahl einzubeziehenden Bewerber in einer Weise auszuüben, die ihn dem Vorwurf des institutionellen Rechtsmissbrauchs aussetzt.

(Amtliche Leitsätze)