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Druckindustrie: Erster Warnstreik nach zwei ergebnislosen Verhandlungsrunden

Nach zwei Jahren mit einer überdurchschnittlich hohen Inflationsrate und damit verbundenem deutlichem Einkommensverlust fordern die Druckereibeschäftigten eine Erhöhung der Löhne und Gehälter um 12 Prozent

Die Tarifverhandlungen für die Beschäftigten der Druckindustrie haben begonnen

Weil die ersten beiden Verhandlungsrunden für die circa 110 000 Beschäftigten der Druckindustrie bisher ergebnislos verliefen hat ver.di seit dem 2. 2. bis zur nächsten Verhandlungsrunde zum ersten Warnstreiks aufgerufen. Die dritte Verhandlungsrunde findet am 16. 4. 2024 in Berlin statt. Die Friedenspflicht in der Druckindustrie endet am 31. 3. 2024.

Am 21. 3. 2024 war in Nürnberg auch die zweite Verhandlungsrunde zwischen ver.di und dem Verband Druck und Medien (BVDM) ergebnislos zu Ende gegangen. Der Arbeitgeberverband hat angeboten, die Löhne und Gehälter mit einer Laufzeit von 24 Monaten zum 1. 6. 2024 um 2,0 Prozent und zum 1. 6. 2025 um weitere 1,0 Prozent anheben zu wollen. Die ver.di-Tarifkommission hat dies als „völlig unzureichend“ zurückgewiesen. Es sei eine Provokation und zeige, wie wenig die Arbeitgeberseite die Lebensbedingungen der Beschäftigten in Zeiten starker Preissteigerungen im Blick habe, sagte ver.di-Verhandlungsführerin Rachel Marquardt. „Ein solches Angebot würde einen weiteren massiven Reallohnverlust für die Beschäftigten in den Druckbetrieben bedeuten und ist völlig inakzeptabel“, so die ver.di-Verhandlungsführerin. Die Erwartungshaltung aus den Betrieben sei und bleibe klar: „Es gibt einen großen Nachholbedarf bei Löhnen und Gehältern. Die Druckindustrie darf nicht weiter abgekoppelt werden. Daher ist unsere Forderung von 12 Prozent mehr als gerechtfertigt“, sagte Marquardt.

„Wir werden alles dafür tun, dass die Beschäftigten in der Druckindustrie nicht länger von der Einkommensentwicklung in Deutschland abgehängt werden.“

Rachel Marquardt, ver.di-Verhandlungsführerin

Die erste Tarifrunde für die mehr als 110.000 Beschäftigten in der Druckindustrie war am 11. März 2024 ergebnislos zu Ende gegangen. ver.di fordert 12 Prozent mehr Lohn und Gehalt für die 110.000 Beschäftigten. „Denn nach zwei Jahren mit einer überdurchschnittlich hohen Inflationsrate und damit verbundenem deutlichem Einkommensverlust ist der Nachholbedarf sehr hoch“, sagte die ver.di-Verhandlungsführerin Rachel Marquardt im Anschluss. Die Arbeitgeber der Druckindustrie machten kein Angebot zum Verhandlungsauftakt.

Die Arbeitgeber hätten die Forderung abgelehnt, da aus ihrer Sicht 12 Prozent mehr Lohn und Gehalt die Unternehmen überfordern und nicht den notwendigen Spielraum für Investitionen in die Zukunft zulasse würden. „Dieser einseitige Blick verkennt, dass die vergangenen Tarifabschlüsse alle unter Berücksichtigung der Branchensituation zustande kamen. Außerdem sollten die Arbeitgeber bei Investitionen in die Zukunft nicht die Investitionen in die Beschäftigten vergessen – erst recht nicht in Zeiten des Fachkräftemangels“, so Rachel Marquardt.

Entscheidend sei aber auch die Einkommensentwicklung. Denn während die Unternehmen ihre gestiegenen Kosten zumindest in Teilen an die Kundschaft weitergeben können, besteht diese Möglichkeit für die Druckereibeschäftigten nicht. Sie müssten die nach wie vor höheren Preise im Supermarkt und an der Tankstelle zahlen. Genau deshalb brauche es ordentliche Einkommenssteigerungen, so Marquardt.

„Wir werden alles dafür tun, dass die Beschäftigten in der Druckindustrie nicht länger von der Einkommensentwicklung in Deutschland abgehängt werden. Das machen wir mit unserer Forderung für diese Tarifrunde deutlich“, erklärte die ver.di Verhandlungsführerin Rachel Marquardt.

Die Druckindustrie darf nicht weiter abgekoppelt werden!

Zwischen 2000 und 2023 sind die Löhne und Gehälter in der Druckindustrie um 43,5 Prozent gestiegen. In der Gesamtwirtschaft hingegen betrug das Plus in diesem Zeitraum 76,7 Prozent.

Diese großen Unterschiede kommen nicht von ungefähr: Ein Grund für den deutlich geringeren Einkommensanstieg in der Druckindustrie liegt auch in den wiederholten Angriffen der Arbeitgeberseite auf den Manteltarifvertrag in der Vergangenheit. Hier gilt es aufzuholen: Die Kolleg*innen in der Druckindustrie müssen ebenso wie andere Beschäftigungsbereiche an der langfristigen gesamtwirtschaftlichen Entwicklung teilhaben. Dafür braucht es deutliche Lohnsteigerungen, die mithelfen, die Lücke gegenüber anderen Branchen zu verringern.

Das ist auch wichtig, um als attraktive Arbeitgeber weiterhin qualifizierte Arbeits- und Fachkräfte an sich zu binden.

(Vereinte Dienstleistungsgesellschaft, PM v. 3.4.2024)