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EuGH-Schlussanträge: Verwaltung von Anlagevermögen – Begriff – Vergleichbarkeit mit einem OGAW – Rentenfonds – Investitionsrisiko der Anleger

(Niederländisches Vorabentscheidungsersuchen)

GAin Kokott, Schlussanträge vom 14.3.2024 – C-639/22 bis C-644/22

1. Art. 135 Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ist dahin auszulegen, dass ein mit einem OGAW vergleichbares Anlagevermögen und damit ein „Sondervermögen“ ein solches ist, welches die in Art. 1 Abs. 2 Satz 1 der Richtlinie 2009/65/EG über die Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren genannten Kriterien annähernd erfüllt. Dies setzt insbesondere voraus, dass das Anlagevermögen dem Publikum offensteht, dass eine Auszahlungspflicht ähnlich wie bei einem OGAW besteht und dass die Anleger ein vergleichbares Anlagerisiko tragen. Letzteres hängt wesentlich davon ab, ob die Rentenzusage überwiegend garantierte oder von der Wertentwicklung des angelegten Kapitals abhängige Leistungen vorsieht.

2. Bei der Anwendung von Art. 135 Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 2006/112 im Rahmen von Fonds, die kein OGAW sind, ist nicht nur zu beurteilen, ob diese mit einem OGAW vergleichbar sind, sondern auch, ob sie mit anderen Fonds vergleichbar sind, die zwar kein OGAW sind, aber die der Mitgliedstaat als Sondervermögen ansieht. Die Verwaltung solcher Sondervermögen kann der Mitgliedstaat befreien, wobei er den Grundsatz der Neutralität zu beachten hat. Dieser steht allerdings einer nachvollziehbaren Differenzierung zwischen den unterschiedlich strukturierten Säulen des jeweiligen Altersvorsorgesystems und insbesondere zwischen einerseits garantierten und andererseits von der Wertentwicklung des angelegten Kapitals abhängigen Rentenzusagen nicht entgegen.